Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 21 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6 Fortsetzung des Berichtes Bd. 281
S. 300.)
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
I. Rohmaterialien und Malz.
Ueber die Verarbeitung von Erbsen in der Brennerei zur
Gewinnung von Spiritus, und Futter berichtet G.
Heinzelmann in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 141, nach Versuchen, welche er in einer
Brennerei ausgeführt hat. Danach ist die Verarbeitung der Erbsen eine sehr leichte.
Man schüttet am Tage zuvor das erforderliche Quantum Erbsen und Wasser (140 l pro
100 k Erbsen) in den Henzedämpfer, lässt die Nacht über stehen und kocht am anderen
Morgen mit Dampf, anfänglich bei offenem Mannloch, eine halbe Stunde, dünn schliesst
man das letztere und lässt nun langsam den Druck auf 3,5 bis 3,75 at steigen,
während oben wie beim Maisdämpfen etwas Dampf abgelassen wird. Die Erbsen sind in
etwa 1,5 Stunden vollständig weich gekocht und bilden eine gleichförmige Masse, die
ausgeblasen und mit Malz verzuckert wird, Ein längeres Kochen der Erbsen bei hohem
Druck, etwa 4 at, ist zu vermeiden, da die Erbsen sich stark bräunen, ein Theil des
in ihnen enthaltenen Zuckers verloren geht und auch vielleicht der Futterwerth der
Schlampe, beeinträchtigt wird. Die. Aufschliessung war eine gute. Die Consistenz der
fertigen Maischen war die einer recht dicken Kartoffelmaische, sie zeigten 19 bis
19,5° Sacch., gebrauchten bei der Angährung etwa 14 cm Steigraum bei einer
Bottichhöhe von 104 cm und mussten dennoch bis zum Durchbruch der Gährung gerührt
werden, um ein Uebersteigen zu verhüten. Die Maische liess nämlich keine
Kohlensäurebläschen bei der. Angährung aufsteigen, erst beim Rühren entwichen diese.
Während der Gährung wurden die Maischen bald, dünnflüssiger und erforderten dann
höchstens 6 cm, zuweilen auch noch weniger Steigraum. Die Gährung glich fast
derjenigen von Maismaischen. Zusätze von Soda, Schwefelsäure oder schwefligsaurem
Natrium, um den anfänglich so bedeutenden Steigraum zu verhindern, waren ohne
Erfolg. Die Ausbeute veranschlagt Verfasser auf über 170 Literproc. pro k Stärkmehl.
Bei der Bestimmung des Alkohols durch Destillation zeigte es sich, dass in der
Praxis etwa 20 l mehr gewonnen wurden als berechnet war. Der Verfasser nimmt an,
dass die vergohrenen Erbsenmaischen vielleicht flüchtige Stoffe enthalten, welche
die Alkoholometeranzeige bei der analytischen Bestimmung des Alkohols in der Maische
beeinflussen. Die Erbsen verwerteten sich bei diesen Versuchen bei freiem Futter nur
zu 5,44 Mark pro 100 k, doch ist zu bemerken, dass es schlechte, dumpfig gewordene
Erbsen waren. (Die Verarbeitung eines derartigen schlechten Materials dürfte durch
Anwendung von Flussäure sehr erleichtert und verbessert werden können. Der Ref.) Der Alkohol
zeigte einen angenehmeren Geschmack und Geruch als Mais- und Kartoffelspiritus. Auch
als Zumaischmaterial zu Mais oder Kartoffeln liessen sich die Erbsen gut
verarbeiten. Der Verfasser macht auf den hohen Futterwerth der Erbsenschlämpe
aufmerksam und hält die Verarbeitung schlechter, zum Verkauf nicht mehr geeigneter
Erbsen für lohnend.
Ueber denselben Gegenstand berichtet B. an derselben
Stelle S. 176. Er hat schon im Jahre 1882 versucht, Erbsen als Maischmaterial zu
verwenden. Die Aufschliessung war vorzüglich, die Maischen waren dünnflüssig, die
Ausbeute sehr gut, jedoch trat so starke Schaumgährung ein, dass sie durch kein
Mittel zu bekämpfen war. Als Zumaischmaterial bis zu 75 Proc. hielt sich dagegen die
Schaumbildung in so engen Grenzen, dass keine Gefahr eintreten konnte. Ferner
zeigten diejenigen Maischen, welchen die Erbsen als Schrot im Vormaischbottich
zugesetzt worden waren, eine viel geringere Neigung zur Schaumbildung als da, wo das
ganze Material gemeinsam im Henzedämpfer gedämpft wurde. Der Spiritus zeigte ein
eigenartiges Aroma, welches bei den Kennern richtige Würdigung fand.
Gute verkäufliche und sogenannte magere Maiskörner
untersuchte Charles Wood und fand im Mittel folgende
Zusammensetzung der Trockensubstanz:
Guter Mais
Magerer
Mais
Proteїn
10,99
12,50
Proc.
Fett
5,40
4,97
„
Stickstofffreie Extractstoffe
80,52
79,14
„
Rohfaser
1,60
1,68
„
Asche
1,49
1,71
„
Der gute Mais war also ärmer an Proteїn, Rohfaser und Asche, dagegen reicher an Fett
und stickstoffreien Stoffen. (Third Annual Report of the
storrs School Agricultural Experiment Station, Stoors Connecticut 1890, S.
26.)
Bericht über Kartoffelanbauversuche im Jahre 1890. Von
Holdefleiss. (Landwirth, Bd. 27 S. 139 und
145.)
Ueber die Frühcultur der Kartoffeln von F. W. Gross. (Gartenflora, 1891 S. 25.)
Ueber den Schorf der Kartoffeln schreibt R. Thaxter im Annual Report of
the Connecticut Agricultural Experiment Station für 1890 S. 80.
Untersuchungen über die Bekämpfung der
Kartoffelkrankheit führte A. Petermann aus.
(Bulletin de la Station Agronomique de l'Etat à
Gembloux, 1891 S. 1.) Der Verfasser gelangte zu folgenden Resultaten: 1.
Die Kupferkalkmischung stellt ein wirksames Mittel gegen die von der Peronospora
infestans verursachte Erkrankung der Kartoffeln dar. 2. Die Erträge an kranken
Knollen sehr stark vermindernd, wirkt die Kupferkalklösung weder nachtheilig auf die
Gesammternte, noch auf den Stärkemehlgehalt ein. 3. Der geeignetste Zeitpunkt für
die Behandlung ist gekommen, wenn sich die ersten Anzeichen der Krankheit bemerkbar
machen. Gegeben werden vortheilhaft pro Hektar 50 k Kupfervitriol und 25 k Kalk in
15 hl Wasser gelöst. 4. Es ist wahrscheinlich, dass eine Lösung, welche an Stelle
des Kupfervitriols die gleiche Menge an schwefelsaurem Eisen enthält, ein ebenso
wirksames und wesentlich billigeres Mittel gegen die Kartoffelfäule darstellt.
Ueber günstige Wirkung der Kartoffelbesprengung mit
Kupferlösung berichtet auch J. Ehrensperger im
Badischen Wochenblatt des landwirthschaftlichen
Vereins, 1890 S. 647.
Bakteriologische Untersuchungen über die Nassfäule der
Kartoffelknollen veröffentlicht Ernst Krämer
in dem Oesterreichischen landwirthschaftlichen
Centralblatt 1891 S. 11. Saare bespricht die
Arbeit in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14
S. 167 und hebt daraus als besonders wichtig die folgenden Punkte hervor: 1. Die
Nassfäule der Kartoffel verdankt ihre Entstehung einem einzigen Pilz, einem
Bacillus, der zu der Klasse der Buttersäuregährung hervorrufenden gehört und zu den
luftliebenden, aeroben, Bakterien zählt. In der Praxis wird Umstechen und Lüften der
Kartoffeln für nützlich gegen die Fäule gehalten zur Begünstigung der Trockenfäule.
2. Der Eintritt in die Kartoffel findet nur durch die Rindenporen statt, deren
Vermehrung durch Nässe begünstigt wird. Je nässer also die eingefahrenen Kartoffeln
sind und bleiben, um so schneller und grösser wird die Infection sein. 3.
Zuckerreiche Kartoffeln werden früher und stärker angegriffen als stärkereichere.
Zuckerreich sind z.B. Seed, Richters Imperator, Juno,
immer zuckerarm die Daber'sche Kartoffel.
II. Dämpfen und Maischen.
Verfahren zum Dämpfen des Rohmaterials für die Spiritus- und
Presshefefabrikation. Von Leopold Mandl in
Budapest. Patentschrift Nr. 57424, patentirt im
Deutschen Reiche vom 9. November 1890 ab. Der Patentanspruch lautet: „Ein
Verfahren zum Dämpfen des Rohmaterials für die Spiritus- und
Presshefefabrikation, dadurch gekennzeichnet, dass das Rohmaterial unter
eventuellem Zusatz von Wasser mittels Wasserdampfes bis zu einer dem Druck der
Atmosphäre entsprechenden Temperatur erhitzt bezieh. gedämpft und darauf mittels
gespannter Luft unter Druck gestellt und eventuell aus dem Dämpfer ausgeblasen
wird.“ Die Vorzüge des Verfahrens sollen nach einer Mittheilung in der Zeitschrift für Spiritusindustrie Bd. 14. S. 192 ausser
in der Ersparniss an Heizmaterial hauptsächlich darin bestehen, dass durch den
Ersatz des Dampfdruckes durch Luftdruck die Temperaturerhöhung, welche bei dem alten
Verfahren die Karamelisirung der Stärke, sowie schädliche Nebengährung
hervorbrachte, gänzlich vermieden wird, ebenso wie die Zersetzung der in den
verschiedenen Fruchtarten enthaltenen Mengen von Zucker und Dextrin nicht mehr
stattfinden kann, wodurch eine bessere Ausnutzung des Rohmaterials erzielt wird. Das
neue Verfahren gestattet ferner die Verwendung des Henzedämpfers, des Dämpfers von
Hollefreund, Böhm u.s.w. bezieh. die Ausführung des
Hochdruckverfahrens mit ungeschrotenem Korn, also die Anwendung des Verfahrens auch
für die Presshefeerzeugung, wobei das Schroten der Fruchtgattungen wegfällt und eine
grössere Hefeausbeute erzielt wird.
Bemerkungen zum Hefelüftungsverfahren bringt die Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14 S. 246. Der
Verfasser erläutert die verschiedenen Verfahren zur Gewinnung der Hefe aus der
gelüfteten Maische und weist darauf hin, dass die Qualität der Hefe nach der jetzt
erreichten Vervollkommnung des Verfahrens die gleich gute ist wie diejenige der nach
dem alten Verfahren gewonnenen. Da das Lüftungsverfahren die Ausbeute fast
verdoppelt, die Qualität der Hefe aber um so besser ist, je stickstoffreicher sie
ist, hohe Ausbeute jedoch gewöhnlich auf Kosten des Stickstoffgehaltes der Hefe,
d.h. ihrer Gährkraft, aufzutreten pflegen, so darf, soll dieses vermieden werden, eben
nur eine stickstoffreiche Gährflüssigkeit verwandt werden. Vom Standpunkt der
Technik aus ist das Lüftungsverfahren entschieden als ein Fortschritt zu
begrüssen.
III. Gährung und Hefe.
Ueber die Anwendung der Flussäure und der schwefligsauren
Salze, insbesondere des doppelt schwefligsauren Kalkes, liegen mehrere
Arbeiten in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd.
14 S. 133, 154, 159, 101 vor. Dams hat bei Anwendung
des Kalksalzes bei gutem Material keinen Erfolg beobachtet. Bei Anwendung grösserer
Mengen trat der Geruch nach Schwefelwasserstoff auf. Brauer hält die Anwendung des Kalksalzes bei Verarbeitung von schlechtem
Material für empfehlenswerth, jedoch ist durch dieselbe ein normaler Betrieb nicht
zu erzielen. Das Auftreten von Schwefelwasserstoff ist bei Anwendung des Kalksalzes
geringer als bei dem Natriumsalz, jedoch werden durch das Kalksalz die Gefässe stark
angegriffen. Diese letztere Beobachtung bestätigt Tietze, welcher bei schlechtem Material durch die Anwendung des Kalksalzes
eine etwas höhere Ausbeute erzielte. Derselbe empfiehlt auch die Flussäure und zwar
zum Ausstreichen der Räume und ist der Ansicht, dass eine derartige Anwendung keine
Verletzung des Patentes sei. (Nach Märcker genügt das
Ausstreichen mit Flussäure nicht.) Gegen diese Ansicht Tietze's wendet sich die Société Générale de
Maltose, ebenso gegen die von Tietze
ausgesprochene Vermuthung, dass auch die Flussäure die Gefässe angreifen wird, was
natürlich bei der geringen Menge, in der diese Säure zur Anwendung gelangt, nicht
der Fall sein kann. Endlich wird in zwei Protokollen von Sectionsversammlungen des
Vereins Bayerischer Spiritus- und Branntweinproducenten sehr günstig über das
Flussäureverfahren berichtet.
Wir beschränken uns auf diese kurzen Angaben, da die neuen Arbeiten von Märcker, Cluss und Schuppan über diesen Gegenstand, welche Märcker in dem soeben bei Paul Parey in
Berlin erschienenen Werk „Das Flusssäureverfahren in der
Spiritusfabrikation. Nach Untersuchungen von Dr. Cluss und Dr. Schuppan, wie
nach den Erfolgen der Praxis kritisch bearbeitet von Dr. M. Märcker, Geh.
Regierungsrath und Professor in Halle a. S., mit in den Text gedruckten
Abbildungen“ veröffentlicht, zu einem abschliessenden Urtheil
sowohl über den Werth der Flussäure, wie über die Ueberlegenheit derselben gegenüber
den schwefligsauren Salzen geführt haben. Das genannte Werk enthält drei gesonderte
Abtheilungen, nämlich: I. Kritische Darstellung der vorliegenden Beobachtungen über
die Anwendung der Flussäure und der Fluoride im Vergleich zu anderen Antisepticis,
von M. Märcker. II. Untersuchungen über den Werth und
die Wirkung von Antisepticis, insbesondere der Flussäure, der Fluoride und der
schwefligsauren Salze zur Förderung und Sicherung der Gährung, ausgeführt im
chemischen Laboratorium der Versuchsstation Halle a. S. von Dr. A. Cluss. III. Mikroskopische Beobachtungen über die Einwirkung der
Flussäure, der Fluoride und der schwefligsauren Salze auf die Entwickelung der Hefe
und der Nebenfermente, ausgeführt im botanischen Laboratorium der Versuchsstation
Halle a. S. von Dr. P. Schuppan. Mit 16
Hefebildern.
Ueber die Arbeiten von Cluss sowie über die
mikroskopischen Beobachtungen von Schuppan haben wir
das Hauptsächlichste bereits an dieser Stelle berichtet. (Vgl. 1891. 281. 260.) Den Ausführungen Märcker's entnehmen wir hier das Folgende.
Die Wirkung der Flussäure und der Fluoride ist eine dreifache:
1. Sie wirken als Antiseptica durch Unterdrückung der gährungsstörenden Organismen.
Diese Wirkung ist eine unfehlbare und zwar ist es nach den Beobachtungen von Schuppan vorzüglich der Buttersäurepilz, Clostridium
butyricum, welcher durch Anwendung der Flussäure vollständig unterdrückt wird.
2. Sie bewirken eine Kräftigung und Sicherung der Diastasewirkung während der
Gährung, theils dadurch, dass sie die der Diastase feindliche Säurung unterdrücken,
theils aber auch noch auf andere, vorläufig noch unaufgeklärte Weise. Jedoch wird
mit Sicherheit durch die von Cluss ausgeführten
Versuche die von Effront behauptete diastaseschützende
Wirkung der Flussäure und der Fluoride bestätigt und diese Beobachtung ist für die
Praxis von grosser Bedeutung, denn man ist nun durch Anwendung der Flussäure in der
Lage, die seiner Zeit von Schuster zwecks
Malzersparniss vorgeschlagene günstigste Temperatur von 50 bis 56° bei der
Zuckerbildung einzuhalten und dadurch erheblich an Malz zu sparen, während man ohne
die Anwendung der Flussäure zu einer höheren, die Diastase bereits in ihrer Wirkung
schädigenden Temperatur gezwungen war, um die schädlichen Nebenfermente abzutödten.
Cluss hat durch seine Versuche gezeigt, dass man
Dickmaischen durch sehr geringe Diastasemengen normal vergähren kann, wenn man die
Diastase durch Flusssäure schützte, während ohne den Zusatz von Flussäure dieselben
Diastasemengen durchaus nicht zur normalen Vergährung genügten. Auch gibt die
Anwendung der Flussäure die Möglichkeit, ein geringwerthiges Malz zu verarbeiten,
indem durch dieselbe die solchem Malz anhaftenden schädlichen Organismen zerstört
werden. Man wendet daher auch bereits die Flussäure mit Vortheil auf der Malztenne
an, indem man diese mit einer Lösung von 100 g Flussäure auf 25 l Wasser
ausscheuert. Ueberhaupt werden durch die in Folge ihrer grossen Flüchtigkeit
eintretende Verbreitung der Flussäure alle Räume der Brennerei desinficirt. Der
Zusatz der Flussäure erfolgt am wirksamsten zu der mit Hefe versetzten süssen
Maische.
3. Die directe Einwirkung der Flussäure auf die Hefe durch die Heranzüchtung einer
besonders gährkräftigen Hefe und vielleicht sogar durch die Consolidirung einer
bestimmten gährkräftigen Heferasse. Durch geringe Mengen Flussäure wird nach Schuppan's Untersuchungen die Hefevermehrung
begünstigt, durch grössere Mengen jedoch vermindert. Trotzdem vermag aber die mit
höherem Flussäurezusatz gewonnene geringere Hefemenge viel bessere Gährungserfolge
zu erzielen, als die nur mit einem kleinen oder ganz ohne Flussäurezusatz gewonnene
grössere Hefemenge. An der Richtigkeit dieser von Effront gemachten Beobachtung ist nach den Untersuchungen von Cluss nicht im geringsten mehr zu zweifeln.
Wahrscheinlich wird diese Wirkung dadurch bedingt, dass unter dem Einfluss der
Flussäure eine besonders gährkräftige Heferasse ausgebildet wird, eine Annahme,
welche von Effront ausgesprochen, von Büchler und auch von Schuppan als wahrscheinlich bezeichnet wird, jedoch der Bestätigung durch weitere
Versuche, welche von Schuppan in Aussicht genommen
sind, noch bedarf.
Die Flussäure ist nicht nur von grossem Werth als sicheres Mittel zur Beseitigung von
zeitweise auftretenden Gährungsstörungen, sondern mehr noch dadurch, dass durch die
regelmässige Anwendung derselben eine solche Sicherheit des Betriebes erreicht wird,
wie sie bisher niemals zu erreichen möglich war. Dieses geht sowohl aus den
Beobachtungen der Praxis hervor, wie auch aus den Versuchen von Cluss, aus denen Märcker
die Ueberzeugung gewonnen hat, dass die Flussäure, so zu sagen als Regulator des
Betriebes, eine grosse Zukunft hat.
Von grosser Wichtigkeit und Bedeutung für die Landwirthschaft ist ferner die durch
die Flussäure bedingte Haltbarkeit der Schlampe, wodurch dieselbe zu einem
gesundheitsgemässeren Futtermittel gemacht wird und die bisher bei der
Schlämpefütterung so vielfach beobachteten Gesundheitsstörungen vermieden werden. In
der aus mit Flussäurezusatz behandelten Maischen gewonnenen Schlampe konnte, auch
wenn man dieselbe bei den günstigsten Gährungstemperaturen stehen liess, die
Entwickelung von Mikroorganismen nicht beobachtet werden.
Die auch von Cluss und Schuppan ausgeführten Versuche mit schwefligsaurem Natrium und
doppeltschwefligsaurem Kalk führten zu dem Resultat, dass auch diese Mittel eine
gewisse antiseptische Wirkung besitzen, jedoch lange nicht in dem Maasse auf die
Unterdrückung der Säurebildung und auf die Erhöhung der Alkoholausbeute einzuwirken
vermögen wie die Flussäure. Dieses ist auch sehr erklärlich, da diese Stoffe
lediglich als Antiseptica wirken, dagegen nicht im stände sind, die Diastasewirkung
zu sichern und eine besonders gährkräftige Heferasse zu erzeugen, wie dieses die
Flussäure und Fluoride vermögen. Ausserdem haben die Sulfite den grossen Nachtheil,
dass durch dieselben ein im höchsten Grade widerwärtig nach Schwefelverbindungen
riechender Spiritus gewonnen wird, während durch die Anwendung der Flussäure ein
sehr reiner Spiritus erzeugt wird. Dieser Uebelstand der Sulfite tritt nach den
Versuchen von Cluss auch bei Anwendung des Kalksalzes
ein, sobald man dasselbe in so grossen Mengen gibt, wie sie zur Erzeugung einer
antiseptischen Wirkung eben erforderlich sind. Märcker
ist daher auf Grund dieser Beobachtung der Ansicht; dass auch die Anwendung des
doppeltschwefligsauren Kalkes keine Zukunft in der Brennerei haben wird.
Märcker schliesst das Vorwort zu seiner Schrift mit
folgendem Satz. „Wir können nicht umhin, an dieser Stelle
auszusprechen, dass Effront's Beobachtungen durch unsere Ergebnisse in jeder
Beziehung bestätigt worden sind und dass sich uns, die wir beim Beginne
unserer Arbeiten der Frage ziemlich skeptisch gegenüberstanden, bei jedem
weiteren Schritt die Ueberzeugung von dem hohen Werth der Flussäure und
ihrer Ueberlegenheit über andere Antiseptica aufgedrängt hat. Dies
rückhaltlos auszusprechen und Effront unsere volle Anerkennung für seine
exacten Arbeiten auszudrücken, nehmen wir hiermit gern
Veranlassung.“
Wir müssen uns mit dieser kurzen Skizzirung der umfangreichen Arbeit der Verfasser
begnügen und wollen nur noch darauf hinweisen, dass Märcker in einem Abschnitt auch eingehende Belehrung über die praktische
Anwendung der Flussäure und Fluoride gibt.
Ueber den Gomolka'schen Hefekühl- und Maischbewegungsapparatliegen mehrere Mittheilungen in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, Bd. 14. S. 147, 154 und 167 von Koser, Lugschütz und Bast vor, welche
sämmtlich sehr günstig lauten. Der Verbrauch an Wasser ist nicht bedeutend. Der
Apparat macht sich in kurzer Zeit bezahlt dadurch, dass durch die in Folge der
mechanischen Maischbewegung bewirkte Entfernung der Kohlensäure ein grösseres
Quantum eingemaischt und dadurch bedeutend an Steuer gespart werden kann. Der
Steigraum vermindert sich von 15 bis 16 auf 9 bis 10 cm; die mechanische Bewegung
hat sich auch zur Zerstörung des Schaumes bei Verarbeitung von Seedkartoffeln sehr
nützlich erwiesen. Diese Angaben Koser's bestätigt Lugschütz durch seine Beobachtungen. Rast gibt die Verminderung des Steigraumes von 15 bis
18 auf 6 bis 8 cm an. Der Wasserverbrauch kommt bei den angewandten Kühlschlangen
gar nicht in Betracht, indem das Wasser zur Bewegung des Rades vollkommen genügt.
Bei nicht eingesetzten Kühlschlangen genügen pro Minute 8 bis 10 l, auch weniger,
dies richte sich ganz nach der Bewegung der Kühlsterne. – Auch der Hefekühlapparat
wird von Rast sehr gelobt.
Wie muss die Anlage der mechanischen Gährbottichkühlung sein,
insonderheit, welche Form müssen die Kühlschlangen haben, um die grösste
Steigraumersparniss herbeizuführen? Joh. Ernst Brauer beantwortet diese
Frage in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, Bd. 14
S. 192 dahin, dass die Windungen der Kühlschlangen in einer Ebene liegen und dass
die Schlangen beim Aufwärtsbewegen vollständig aus der Maische herausgehoben werden
müssen, um die Maischdecke zu durchbrechen.
Ein Verfahren zur Vergährung von Maischen, Teigen, Würzen u.
dgl. und zur Verhinderung von Spaltpilzgährungen in denselben,
gekennzeichnet durch den Zusatz von Glycerinphosphorsäure, ist Carl Funk in Charlottenburg und Nicolaus von Balogh in Moskau patentirt; Patentschrift Nr. 57865,
patentirt im Deutschen Reich vom 9. November 1890 ab.
(Fortsetzung folgt.)