Titel: | Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 50 |
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Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der
Frankfurter Ausstellung.
Mit Abbildungen.
Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
I. Leitungen, Stromquellen und Nebenapparate.
So zahlreich und mannigfach die in Frankfurt vorhandenen elektrischen
Eisenbahneinrichtungen auch gewesen sind, boten dieselben, da die zur
Veranschaulichung ihres Betriebes nöthigen Leitungen durchweg nur improvisirt, und
zwar in der Regel mittels übersponnener Wachs- oder Gummidrähte, wohl auch
Bleikabeln oder ähnlichen, allgemein bekannten Materials ausgeführt waren, kein
besonders anschauliches Bild des Leitungsbaues.
Textabbildung Bd. 283, S. 50Fig. 1.Endisolator von Siemens und Halske. Das diesbezüglich Vorhandene befand sich naturgemäss in den Hallen für
Telegraphie, für Installation und für Leitungsmaterial; ansschliesslich für Eisenbahnzwecke Bestimmtes ist wenig darunter zu
bemerken gewesen. Immerhin wäre davon ein gusseiserner Endisolator,
Fig. 1 und 2, – ausgestellt von Siemens und
Halske (Berlin), C. Lorenz (Berlin) u.a. –
hervorzuheben, der für Eisenbahntelegraphen-Leitungseinführungen gerne verwendet zu
werden scheint.
Textabbildung Bd. 283, S. 50Fig. 2.Endisolator von Siemens und Halske. Wie aus dem in Fig. 2 dargestellten
Querschnitte ersichtlich ist, steht der eiserne Gusskörper A mit dem ¾ zölligen Gasrohr F durch
Verschraubung in fester Verbindung. Für das Letztere wird die Gebäudewand, an der
die Zuführung angebracht werden soll, an entsprechender Stelle durchbohrt. Der an Ort und
Stelle angebrachte Isolator sitzt mit der Scheibe B
direct an der Aussenwand; das Rohr F hat eine der Wandstärke entsprechende Länge, so
dass auf der inneren Gebäudewand die gusseiserne Scheibe G vorgesteckt und das Ganze durch die Schraubenmutter S festgezogen werden kann. In die Glocke A, die nach aufwärts und seitwärts in kurze Cylinder
endigt, ist ein Hartgummitrichter PP und in diesen der
unten im Winkel gebogene Messingstift CC mittels einer
Schwefelmischung eingekittet. Der von den Apparaten kommende isolirte Anschlussdraht
wird durch das Rohr F geschoben und sein blankes Ende
mittels der Klemmschraube Q mit dem Stifte C verbunden. Damit dies bewerkstelligt werden kann, ist
der den oberen Abschluss bildende Messingdeckel E
einschraubbar und nach oben wie ein Schraubenkopf sechskantig ausgeführt, so dass er
mit Hilfe eines passenden Schlüssels geöffnet werden kann. Der von der Aussenleitung
kommende Draht wird zu C geführt, und zwar durch die
Oese i gezogen, dann in den spiralförmigen Einkerbungen
e festgewickelt und da verlöthet.
Als eine bemerkenswerthe geschichtliche Sammlung darf die von der königl. preuss.
Staatseisenbahnverwaltung zur Anschauung gebrachte, gut ausgewählte Zusammenstellung
von 60 auf zwei kurzen Telegraphenstangen pyramidenförmig befestigten Isolatoren
gelten, welche – von den ersten aus England (1844) überkommenen Steingutisolatoren
und den durch Robinson (1846) aus Amerika
herübergebrachten Glasisolatoren anfangend bis auf die heutigen normalen
porzellanenen Doppelglocken – so ziemlich alle Materialien und Formen von Isolatoren
sammt den mannigfachsten Mustern von zugehörigen Stützen und Trägern ersehen
liessen, die bisher in Deutschland für Eisenbahnzwecke Verwendung gefunden
haben.
Von verwandtem Interesse war ein Anschlusskloben, der
vom Telegrapheninspector Rier bereits 1847 behufs
Erleichterung der Einschaltung eines tragbaren Hilfstelegraphen, nämlich eines
Zeichengebers zu Leonhard'schen Zeigerapparaten,
construirt und bei der Thüringischen Eisenbahn angewendet worden ist. Zwei starke
Messingringe oder vielmehr Röhren R1 und R2, Fig. 3, an welchen
die angegossenen Klemmbacken B1 und B2 vorstehen, sind durch ein cylindrisches, hartes
Holz H fest, steif und isolirt mit einander
verbunden.
Textabbildung Bd. 283, S. 51Fig. 3.Rier's Anschlusskloben. Im Gebrauchsfalle wurde der – damals noch kupferne – Telegraphendraht LL, nachdem er an den in Frage kommenden Stellen
rein-geputzt worden war, in die Schlitzen der Backen B1 und B2 eingeschoben und hier durch Anziehen der Schrauben
S1 und S2 festgeklemmt, sodann
in der Mitte zwischen B1 und B2
durchgeschnitten und beiderseits von der Unterbrechungsstelle abgebogen. Die
entstandenen zwei Drahtenden konnten nunmehr durch Zuhilfenahme gewöhnlicher kleiner
Klemmschrauben mit den beiden Zuleitungsdrähten des Hilfsapparates verbunden worden.
Zum Betriebe der ausgestellten Eisenbahneinrichtungen dienten – bis auf wenige
Ausnahmen, die unter Aufwendung hochgespannter, von Maschinen gelieferter Ströme
arbeiteten – ausschliesslich galvanische Batterien und der altbewährte Siemen'sche Magnetinductor. Von galvanischen Elementen
fanden sich übrigens nur die gewöhnlichen und bekannten Typen von Leclanché und von Meidinger vor, von Letzterem insbesondere Ballonelemente, ferner
Trockenelemente von Gassner und von Hellesen, sowie schliesslich grossplattige oder
vielmehr grosscylindrige, durch Kochsalzlösung erregte Zinkkohlenelemente. Die
genannten Trockenelemente (vgl. Elektrotechn.
Zeitschrift 1890 S. 422) waren für die verschiedensten Signaleinrichtungen
mit Arbeitsstromschaltungen verwendet und vor allen überall dort benutzt, wo in
Anbetracht der gebotenen Anordnung die Batterien im Freien oder doch in unbewachten
und unheizbaren Räumen aufgestellt werden müssen; hinsichtlich solcher Einrichtungen
haben sich die Trockenelemente als ganz besonders geeignet bewährt und soll
insbesondere die Leistungsfähigkeit des Hellesen'schen
Elementes durch niedrige Temperaturen in keiner Weise beeinträchtigt werden.
Ein einfacher, recht praktischer, zur Unterbringung der galvanischen Elemente in
Stationen, die einen grösseren Batteriestand haben, bestimmter Ständer ist bei
einigen Firmen (Siemens und Halske, Berlin; C. und E. Fein, Stuttgart) in der Telegraphenhalle zu
finden gewesen. Die zwei aus Rundeisen hergestellten Säulen S und S1,
Fig. 4, haben angegossene, schwere Füsse F und F1, mit welchen sie allenfalls durch eingelassene
Bolzen nebst Muttern oder durch Gestellschrauben am Fussboden des Batterielocales
befestigt werden.
Textabbildung Bd. 283, S. 51Fig. 4.Batterieständer. Die zur Aufnahme von je zwei Elementenreihen geeigneten, mit vorstehenden
Randleisten versehenen Fachbretter B werden in
angemessener Höhe über einander von untergeschobenen Ringen R getragen, die an die Säulen entweder festgenietet oder durch kräftige
Klemmschrauben festgepresst sind. An der unteren Fläche der Fachbretter sind die zur
bequemen Verbindung der Elemente unter einander und mit den zu den Apparaten weitergehenden
Leitungsdrähten nothwendigen Anschlussklemmen angebracht. Der Ständer soll nie ganz
an eine Wand gerückt, sondern so weit davon aufgestellt werden, dass man rings
herumgehen und die Elemente von allen Seiten sehen kann.
Siemens'sche Magnetinductoren zum Betriebe von Signalen und insbesondere
Läuteinductoren gab es in allen möglichen Anordnungen, Grossen und Formen;
wesentliche Neuerungen haben sich daran nicht erkennen lassen, ausser der
Verbesserung der Stromabnehmer, welche darin besteht, dass man an Stelle der früher
in der Regel benutzten Flachfedern kammförmige Federn oder eine grössere Anzahl von
Drahtfedern anwendet.
Belehrend war diese Gattung von Stromquellen im Ausstellungsraume der königi. preuss.
Staatseisenbahnverwaltung durch vier, auf eigenen Sockeln decorativ aufgestellte,
aus verschiedenen Perioden stammende Vertreter illustrirt. Der älteste derselben
wurde seinerzeit zum Betriebe von Einzelschläge gebenden Tunnelläutewerken benutzt
und ist ein Magnetinductionstaster; ganz ähnlich, nur
kräftiger gebaut, als die vor 30 bis 20 Jahren auf einigen Linien mit sogen.
directen Morseschreibern verwendeten Stromschlüssel, wie sie Schellen in den ältesten Auflagen seines Werkes „Der elektrotechnische Telegraph“ schildert. Der zweite der
gedachten vier Apparate ist ein Läuteinductor von der
älteren, und der dritte ein solcher von der jüngeren Form; sie unterscheiden sich
von einander eigentlich nur darin, dass der erstere ein Vorgelege mit
Riemenübertragungen hat, während beim anderen die bekannte Zahnradübertragung
angewendet ist, welche schon ursprünglich, gleich nach Erfindung des
Cylinderinductors von Siemens (1856; vgl. Zetzsche's Handbuch der
Telegraphie Bd. 1 S. 238) für die Zwecke des Zeigertelegraphen so gewählt
worden und von der man bei den Läuteinductoren nur vorübergehend abgegangen war. Der
letzte Apparat von den vieren ist eine kleine Handdynamomaschine, wie sie vor Jahren
hier und da auf deutschen Bahnen für den Betrieb von Läutewerken benutzt worden sind
und auf einigen Strecken der sächsischen Staatsbahnen noch benutzt werden. Die
letzteren Ortes verwendeten Maschinen (vgl. Zetzsche's
Handb. d. Telegraphie Bd. IV S. 365) sind aber aufrechtstehend angeordnet, wogegen der ausgestellt
gewesene Apparat liegend gebaut ist. Die drei zuerst
geschilderten Apparate entstammen natürlich dem Berliner Hause Siemens und Halske; der vierte scheint von W. Gurlt (Berlin) herzurühren.
Zu den vielen interessanten, in der Eisenbahnhalle untergebracht gewesenen,
historischen Objecten der preuss. Staatsbahnen zählt auch eine reiche
Zusammenstellung von Umschaltern, Wippen, Blitzschutzvorrichtungen, Galvanoskopen
und Relais, in welcher fast alles vertreten schien, was bei den preussischen Bahnen
seit Einführung der elektrischen Telegraphie an derlei Nebenapparaten je benutzt
worden ist. Die Mannigfaltigkeit und der Formenreichthum dieser Gegenstände, unter
denen sich allerdings nur Bekanntes gefunden hat, fiel gegenüber der heutigen
Einfachheit und Einheitlichkeit besonders auf. Von den in der eben besprochenen
Sammlung vorhandenen zahlreichen Blitzschutzvorrichtungen fanden sich bei den
modernen Anlagen nur mehr vier Gattungen, nämlich die
sogen. Spindelblitzableiter, wie sie schon seit Jahren
seitens der deutschen Reichspost- und Telegraphenverwaltung zum Schütze ihrer
Fernsprecheinrichtungen in Gebrauch stehen, dann die bekannten Spitzenblitzableiter für exponirte Signalapparate und
Plattenblitzableiter für die Telegraphenbureaux
sowie schliesslich die ebenso bekannten Stangenblitzableiter für Kabelüberführungen oder für Versicherungen in der
Leitung überhaupt.
Neuartige Stangenblitzableiter hatte G. Wehr (Berlin)
ausgestellt; diese Vorrichtungen sollen nicht bloss für Kabelüberführungen oder für
Telephon- und Lichtleitungen im Allgemeinen dienen, sondern auch die sonst in den
Apparaträumen befindlichen Blitzableiter der Telegraphen- oder Signalanlagen
entweder völlig ersetzen oder vervollständigen.
Textabbildung Bd. 283, S. 52Fig. 5.Wehr's Stangenblitzableiter. Die Anordnung dieses Stangenblitzableiters erhellt aus der einen
Querschnitt darstellenden Fig. 5. Ein hohler
Messingcylinder a, auf dessen Aussenseite wagerechte
Rippen eingedreht sind, ist durch die beiden Schrauben d mit der Ebonitscheibe c fest verbunden und
ebenso mit dem eisernen Träger S, der einer
gewöhnlichen Isolatorenstütze gleicht, fest verschraubt. Die obere, offene Seite des
Messingcylinders erhält durch eine Ebonitplatte b einen
isolirenden Abschluss. Ueber das Ganze wird die gusseiserne Glocke g gestülpt, zu deren Befestigung die beiden
Flügelschrauben h dienen und deren Innenfläche im
oberen cylindrischen Theile senkrecht gerippt ist. Ein passender, weicher Gummiring
k, der vor dem Aufsetzen der Glocke über den Absatz
der Scheibe c gelegt wurde, schliesst, gepresst von g, den Luftraum zwischen g
und a so dicht ab, dass das Eindringen von Staub und
Feuchtigkeit vollkommen verhindert wird. Bei der Klemmschraube E wird die Endleitung und bei der Schraube t ein von der zu schützenden Leitung abzweigender Draht
L angeschlossen. Soll die Vorrichtung zwei oder
mehrere Leitungen schützen, so ändert sich, wie Fig.
6 zeigt, die Hauptanordnung vorerst dahin, dass die Glocke g nunmehr an die Stützet angegossen und zur Erde
verbunden ist. Der innere Messingcylinder oder Kegel (a
in Fig. 5) dient hingegen für die Leitungsanschlüsse
L1, L2 und wird zu dem Ende
durch senkrechte Durchschneidungen in so viele von einander isolirte Theile
getheilt, als Leitungen angeschlossen, bezieh. geschützt werden sollen.
Eine andere, etwas eigenthümliche Blitzschutzvorrichtung, Fig. 7, vertrat die Stelle der sonst in der Regel verwendeten
Spindelblitzableiter bei den Eisenbahntelephonsätzen der Firma Teirich und Leopolder (Wien). Die rechts und links mit
senkrechten Einschnitten versehene Endleitungsspange EE
steht den wagerecht gezahnten Leitungsspangen L1 und L2 gegenüber. In den Messingtheilen des
Endleitungsanschlusstückes EE sind die drei
Messingwalzen R, R1 und
R2 gelagert. Auf
B1 ist ein
Seidenband B gewickelt, das mit dem zweiten Ende –
nachdem es über die Walze R wegging – an der Walze R2 befestigt und ein
paar Mal umgewickelt wurde.
Textabbildung Bd. 283, S. 53Fig. 6.Wehr's Stangenblitzableiter. Von den Leitungsanschlusstücken L1 und L2 gehen die Neusilberfedern f1, bezieh. f2 aus, die sich fest auf die Rolle R, oder vielmehr auf das Seidenband pressen.
Textabbildung Bd. 283, S. 53Fig. 7.Blitzschutzvorrichtung von Teirich und Leopolder. Die Vorrichtung wirkt einerseits wie ein Schneiden- oder
Saugspitzenblitzableiter, andererseits können auch über die Federn f1 und f2 Entladungen ihren
Weg zur Erde finden, wobei allerdings das Seidenband durchgeschlagen wird und
Nebenschliessungen zur Erde entstehen können. Es ist in solchen Fällen durch Drehen
des Knopfes der Walze R2 das Seitenband ein Stückchen weiter auf R2 aufzuwickeln, wodurch unter f1 und f2 eine neues
unverletztes Bandstück gelangt, das diese beiden Federn von der Walze R, bezieh. der Erde wieder vollkommen isolirt.
Hier anschliessend könnte etwa noch eine Vorrichtung – wenngleich dieselbe für
eigentliche Eisenbahnzwecke selten verwendbar sein dürfte – Erwähnung finden, welche
von Czeija und Nissl (Wien) in der Halle für
Telegraphie ausgestellt war. Es hat dieser Apparat die Aufgabe, einen vom Amtslocale
entfernten Umschalter, so z.B. die in Thürmen untergebrachten Umschalter der
Blitzschutzvorrichtungen von Telephoncentralen, auf elektrisch-automatischem Wege
umzustellen.
Diese Umstellung verrichtet ein von einer Feder oder einem Gewichte getriebenes
Laufwerk mit mechanischer Selbsteinlösung und elektrischer Auslösung. Letztere steht
mit einer im Centralbureau aufgestellten Batterie und einem Taster in Verbindung;
wird mittels des letzteren ein kurzer Strom in den Elektromagneten M, Fig. 8, entsendet, so
erfolgt eine Anziehung des Ankers A und nach Aufhören
des Stromes wieder ein Abreissen desselben. In Folge dieser zwei Ankerbewegungen
fällt der Arretirungsarm H nach abwärts und löst
dadurch die Hemmung; das Triebwerk beginnt seinen Lauf, bis das Rad R eine halbe Umdrehung gemacht hat, worauf selbsthätig
wieder eine Arretirung stattfindet. Die Anordnung der einzelnen die Aus- und
Einlösung besorgenden Theile wird später bei Besprechung der Läutewerke noch näher
geschildert werden. Ein auf der Achse des Rades R
sitzender Krummzapfen K überträgt seine Bewegung durch
Vermittelung der Gelenksstange G auf einen zweiten
Krummzapfen K, der auf der Achse x der Umschalterwalze W
sitzt, so dass diese bei den Auslösungen des Laufwerkes immer um 90° vor- oder
zurückgedreht wird. Bei dem ausgestellt gewesenen Apparate waren während der einen
Walzenstellung im Blitzableiter P sämmtliche Linien L mit den zugehörigen Centralapparatanschlüssen i verbunden, bei der zweiten Lage die in der Zeichnung
angedeutete Gewitterstellung hingegen direct zur Erde E
angeschlossen (vgl. Offizielle Ausstellungs-Ztg. Heft
28 S. 946).
Textabbildung Bd. 283, S. 53
Fig. 8.Umstellvorrichtung für Blitzschutzvorrichtungen von Czeija und
Nissl.
II. Die Eisenbahnbetriebstelegraphen und -Telephone.
Bei allen früheren Ausstellungen sind ältere, aussei Gebrauch gekommene elektrische
Eisenbahntelegraphen nur insoweit vertreten gewesen, als einzelne Apparate in den
geschichtlichen Sammlungen der Staatstelegraphenverwaltungen zur Anschauung gebracht
wurden; in Frankfurt jedoch konnte man die wichtigsten der bei den deutschen
Eisenbahnen in Anwendung gestandenen Apparatsysteme in der Originalschaltung und
völlig betriebsfähig wiederfinden. Dieselben waren von der preuss.
Staatseisenbahnverwaltung ausgestellt und umfassten den im Jahre 1846 auf der
Bahnline Berlin-Potsdam und auf der Thüringischen Eisenbahn eingeführten
Zeigertelegraphen von Leonhard, den seit 1847 von der
Cöln-Mindener und von der Berlin-Hamburger verwendeten Zeigertelegraphen von Kramer, ferner den seit 1846 patentirten Siemens und Halske'schen Zeigertelegraphen mit
Selbstunterbrechung, sowie den 1856 auf den bayerischen Staatsbahnen zuerst in
Gebrauch gekommenen Siemens und Halske'schen Magnetzeiger. Eine Reihe von Morseschreibern
kennzeichnete die mannigfachen Umwandlungen, welche dieser Apparat im Bahndienste
von den ältesten Stiftschreibern bis zu den jüngsten Farbschreibern durchgemacht hat
und ist gleichzeitig sinnreich benutzt gewesen, in Verbindung mit den aus der
gleichen Zeit stammenden nöthigen Sonder- und Nebenapparaten die verschiedenen
älteren Schaltungen auf Arbeitsstrom, auf amerikanischen Ruhestrom u.s.w.
ersichtlich zu machen. Bemerkenswerth sind auch die alten Hilfstelegraphen vertreten
gewesen und zwar durch einen von Rier etwa 1847 für die
Thüringische Eisenbahn zum Leonhard'schen
Zeigertelegraphen construirten, tragbaren Zeichengeber und durch einen angeblich
1846 bei der Schlesisch-Märkischen Eisenbahn in Benutzung gestandenen tragbaren
Hilfstelegraphen. Der erstgedachte Apparat besteht aus einer Buchstabenscheibe mit
Zeigerwerk und einem Taster; es konnten damit Depeschen nur gegeben, nicht aber
empfangen werden. Der zweiterwähnte Apparat ist aber ein vollständiger
Zeigertelegraph, der ebensowohl das Geben als den Empfang von Depeschen zuliess,
auffällig correct coneipirt sowie vorzüglich ausgeführt erscheint, dessen Autor man
jedoch nicht kennt.
Von den derzeit in Deutschland angewendeten
Eisenbahntelegraphen – bekanntlich nur Morseeinrichtungen mit Farbschreibern, in der
Regel für Ruhestrom mit oder ohne Relais, seltener für Arbeitsstrom geschaltet – gab
es besonders Stationstelegraphen in grosser Anzahl.
Dieselben waren als ganze Apparatsätze sammt Normaltischen oder auch als
Einzelapparate in der Halle für Eisenbahnwesen seitens der preussischen, sowie von
der bayer. Staatsbahnverwaltung und in der Halle für Telegraphie von den Berliner
Firmen Siemens und Halske, Gebrüder Naglo, G. Wehr, C. Lorenz und der Nürnberger Firma Fr. Heller. Alle diese Einrichtungen erwiesen sich als
vorzüglich gearbeitet, zeigen aber immer nur die bekannten von Siemens und Halske ausgegangenen Typen, und geben einen
sprechenden Belag für die bei den modernen deutschen Bahnbetriebstelegraphen
erzielte Einheitlichkeit.
Als eine Absonderlichkeit dürfen zwei in der Gruppe der bayer. Staatsbahnen
befindlich gewesene, aus der Telegraphenfabrik H.
Wetzer in Pfronten, Bayern, hervorgegangene
StationstelegraphenapparatsätzeVergl. auch S.
38 d. B. angeführt werden, bei welchen die Platte der
Apparattische aus gepresster Papiermasse hergestellt sind, ein Material, welchem in
hohem Maasse der Vorzug besonderer Härte, Isolirfähigkeit, Glätte und
Unempfindlichkeit gegen Feuchtigkeit oder Temperaturwechsel zugesprochen wird. Die
benannte bayerische Fabrik hat die ersten solcher Platten im Jahre 1886 angewendet,
und da sich dieselben weit besser als Holz bewährten, wurden dort seitdem sämmtliche
grossen Tischplatten für Morseapparate – etwa 200 Stück für die bayer. Staatsbahnen
– aus Papiermasse angefertigt. Die Papiermasse wird in roh geformten Blättern von
der Firma Gebrüder Adt in Forbach bezogen, und die
Bearbeitung ist ziemlich schwierig. Kleinere Platten werden auf der
Hobelmaschine, grössere aus freier Hand mittels Hobel zugerichtet, wobei jedoch die
Schneidewerkzeuge eine ganz aussergewöhnliche Abnutzung erleiden. Die gehobelten
Stücke werden sodann zuerst mit Bimsstein und darauf mit Schmirgelpapier
reingeschliffen sowie schliesslich mit Oel eingelassen. Die grossen, starken
Tischplatten bleiben unveränderlich, sind jedoch ⅕ bis ¼ schwerer als hölzerne;
dünne Platten können sich unter Umständen werfen und müssen in solchen Fällen einer
zweiten Bearbeitung auf der Hobelmaschine unterzogen werden, erweisen sich aber dann
als ganz sicher.
Unter der Devise „für Nebenbahnen“ sind gleichfalls eigene Morseapparatsätze
vorhanden gewesen, welche sich übrigens in nichts von den gewöhnlichen Einrichtungen
der deutschen Normalbahnen unterschieden, als dass auf den etwas verkleinerten,
gleich den Batterieschrank enthaltenden Tischen die Apparate enger zusammengerückt
waren und sich die ganze Ausführung als schlichter, bescheidener, also billiger
darstellte.
Die Uebereinstimmung in der Anordnung, Form und Ausführung der deutschen
Stationstelegraphen fand sich auch wieder in den Wärterbuden-Telegraphen; bei allem sind die gleichen Schreiber, Schlüssel,
Relais, Plattenblitzableiter und Galvanoskope benutzt, und besorgt ein
Federschlussumschalter die Einschaltung des Apparatsatzes in die Leitung beim
Oeffnen des Apparatkastens und die Ausschaltung beim Verschliessen des Kastens. Eine
Vervollkommnung dieser automatischen Schaltvorrichtung im Sinne Sesemann's (vergl. Elektr.-techn. Zeitschrift X S. 471) fand sich in Wärterbudentelegraphen
der Firma C. Lorenz (Berlin); es wird beim
Verschliessen des Apparatsatzes nicht nur der Wärterapparat aus der Leitung
gebracht, sondern gleichzeitig dafür ein Drahtwiderstand in die Leitung
eingeschaltet, welcher gleich ist dem Gesammtwiderstande des ausgeschalteten
Apparatsatzes. Hierdurch werden die durch das Ein- und Ausschalten von
Streckenapparaten sonst verursachten Stromschwankungen hintangehalten.
Morseeinrichtungen nach österreichischem Muster fanden
sich in der Halle für Telegraphie ausgestellt von Czeija und
Nissl (Wien). Bei den Eisenbahnen in Oesterreich-Ungarn haben sich
bekanntlich die Morsestiftschreiber ebenso eingebürgert, wie in Deutschland die
Farbschreiber oder wie in Amerika die Klopfer, und so lange die Bahnen einen
massigen Verkehr und für die Telegraphenbedienung selten oder doch nur in
beschränktem Maasse ein eigenes Personal hatten, erwiesen sich denn auch die
geräuschvollen, reinlichen Stiftschreiber als ganz vortheilhaft. Im Verlaufe der
Zeit haben sich aber auf vielen Linien die Anforderungen an den
Bahnbetriebstelegraphen so gesteigert, dass sich vor allen in den Hauptstationen
behufs Schonung des Personals und zur Erzielung einer dauerhaften Streifenschrift
das Bedürfniss nach Farbschreibern fühlbar macht. Eben diesem Bedürfnisse ist bei
den von Czeija und Nissl ausgestellten zwei
Morseschreibern Rechnung getragen, die jedoch in erster Linie mit dem Grundgedanken
entworfen sind, dass es möglich sein soll, sie ohne nennenswerthe Abänderungen und
Kosten aus den gewöhnlichen in Oesterreich-Ungarn allgemein verbreiteten Typen von
Stiftschreibern herzustellen. Die jüngere der gedachten Anordnungen (1891
patentirt) ist eine äusserst einfache Ergänzung des Stiftschreibers; die
zweite, ältere Farbschreiberanordnung stammt aus dem Jahre 1886 und hat in erster
Linie ebenfalls nur die billige Umstaltung von Stiftschreibern in Farbschreiber zur
Absicht. Ausserdem war aber mit der letzteren Vorrichtung angestrebt, dass dieselbe
sowohl für Ruhestrom als auch für Arbeitsstrom anwendbar sei. Beide dieser
Einrichtungen sind bereits 1891 282 * 226 dargestellt und
des Näheren besprochen worden.
Amerikanische und englische Morseklopfer (Soundero) sind
in mehrfachen Variation von den Londoner Firmen „Eastern
Telegraph Company“ und „Woodhouse and
Rawson united Ld.“ ausgestellt gewesen, worunter sich bei der
erstgenannten Firma ein kleiner, dosenförmiger Apparat besonders auszeichnete.
(Vergl. 1891 282 * 12.) Bei Woodhouse und Rawson sah man auch einen Nadeltelegraphen nach Spagnoletti's
Anordnung, wie solche auf mehreren Eisenbahnen Englands in praktischer Benutzung
stehen.
Ebenso zahlreich wie die Morseschreibtelegraphen sind Telephoneinrichtungen für Eisenbahnzwecke vorhanden gewesen, die
allerdings unter einander eine grosse Mannigfaltigkeit aufwiesen, in der Regel aber
von den sonstigen dem privaten oder öffentlichen Verkehre dienenden
Fernsprecheinrichtungen in nichts oder doch nur wenig verschieden waren.
Textabbildung Bd. 283, S. 55Fig. 9.Fernsprechumsehalter von Teirich und Leopolder. Einen Fernsprechsatz von jener Form, welcher für die Bureau- und
Stationsbedürfnisse auf den Hauptstrecken der österr.-ung.
Staatseisenbahngesellschaft, der österr. Südbahn, der königl. ung. Staatsbahnen und
der königl. serbischen Staatsbahnen regulär zur Verwendung kommt, hatten Teirich und Leopolder (Wien) ausgestellt. Zum Anrufen
dient der Wechselstrominductor, dessen Armatur während seiner Ruhelage durch einen
sogen. Centrifugalcontact kurz geschlossen wird, und als Anrufempfänger ein
Wechselstromwecker. Das Mikrophon ist der bekannte „Berliner'sche Universaltransmitter“; die zwei Hörtelephone haben
die sogen. Löffelform.
Die benutzten automatischen Umschalter (Fig. 9), in welchen bei belastetem Hakenarme H der Stromweg pb
hergestellt ist, die Stromwege nc und pa dagegen unterbrochen bleiben, sind in ihren Theilen
aussergewöhnlich kräftig gehalten und die sämmtlichen drei Contactstellen haben die
Form der insbesonders auch bei den Siemens'schen
Blockapparaten gewöhnlich benutzten Kantencontacte, die
sich als besonders zuverlässig bewähren. Die dem Apparatsatze beigegebene
Blitzschutzvorrichtung ist von der bereits in Fig. 7
dargestellten Anordnung.
Die Fernsprecheinrichtungen, welche von Frd. Heller
(Nürnberg-Glaishammer) und Fr. Reiner (München)
für die königl. bayer. Staatseisenbahnen geliefert werden, wurden durch die
Generaldirection der letzteren in einer übersichtlichen Sammlung vorgeführt. Die
genannten Staatsbahnen haben fast alle ihre grösseren Bahnhöfe zum Zwecke der
raschen Verständigung zwischen den dienstleitenden Stationsbeamten (Jourbeamten) und
den Einfahrtsweichenwärtern mit Telephonen eingerichtet. Der Apparatsatz besteht aus
zwei Hörtelephonen, einem Ader'schen Mikrophon mit zwei
Gassner'schen Trockenelementen, Anrufinductor und
Wechelstromwecker, dem Umschalter und einem Saugspitzenblitzableiter. Die Apparate
für die Weichenwärter sind wie gewöhnliche Endstationen geschaltet, der als
Mittelstation geschaltete Apparat des Beamten hat hingegen für jeden Weichenwärter
einen eigenen Anruftaster, so dass die Wecker der nicht gerufenen Wärter nicht
mitläuten.
Speciell für den Streckendienst bestimmt war u.a. ein
von der königl. Eisenbahndirection Köln (rechtsrheinisch) zur Ansicht gebrachter
Wärterbudenfernsprecher, welcher nur in aussergewöhnlichen Bedarfsfällen in die mit
Morsehilfstelegrapheneinrichtung mit Ruhestrom versehene Läutewerksleitung
eingeschaltet werden soll.
Der ganze in einem Kästchen K (Fig. 10) untergebrachte Apparatsatz besteht aus dem Hörtelephon F2, den Sprachtelephon
F1, dem Umschalter
U und dem Anruftaster T.
Textabbildung Bd. 283, S. 55Fig. 10.Wärterbuden-Fernsprecher. Letzterer ist ein gewöhnlicher Unterbrechungstaster, durch dessen
mehrmaliges, in regelmässigen Absätzen vorzunehmendes Niederdrücken die beiden
Bahnstationen angerufen werden können, da dort nach bekannter Anordnung die Relais
des Morsehilfstelegraphen regulär zu den Weckern Fig.
10. verbunden sind. Die Wärterposten auf der Strecke können nicht zum
Telephon gerufen werden. F1 und F2 sind
Siemens und Halske'sche Präcisionstelephone mit
Hufeisenmagneten und Bandpolschuhen und die Sprachübermittlung ist genügend deutlich
und klar. Dieselbe wird von der Induction der übrigen längs der Bahn laufenden
Telephon- und Signalleitungen keineswegs wesentlich beeinflusst, nichtsdestoweniger
muss sich das Ohr des Hörenden der eigenthümlichen Tonwirkung anfänglich immer erst
accommodiren.
Ungleich deutlicher und zweckdienlicher sind allerdings Anordnungen mit Mikrophonen,
wie sie von Siemens und Halske zur Aufstellung in auf
Ruhestrom geschaltete und nur für das sogenannte Stationssprechen eingerichtete Zugmelde-Leitungen erzeugt werden. Es ist dabei die
Bedingung vorausgesetzt, dass nicht nur die Bahnstationen von den Wärterposten aus,
sondern dass auch die letzteren von den Bahnstationen angerufen werden können und
lassen sich hierin zweierlei Anordnungen unterscheiden. Erstens diejenige, bei
welchen für den Anruf der Streckenwärter Ruhestromwecker benutzt werden, und
zweitens jene, bei welchen Wechselstromwecker Verwendung finden. Ersterenfalls
braucht jeder Fernsprechposten als Anrufgeber nur einen
einfachen Unterbrechungstaster, und es unterliegt keiner Schwierigkeit, die Wecker
so kräftig zu construiren, bezieh. die zugehörige Localbatterie (zugleich
Mikrophonbatterie) so zu wählen, dass der Anruf auch ausserhalb des Wärterhauses in
einer mehr oder minder grossen Entfernung vernehmbar wird. Diese Wecker werden bei jeder Tasterbenutzung, also auch während des
Morsetelegraphirens, mitläuten, und wenn dieser Umstand das Gute hat, dass er es den
Bahnstationen leicht macht, die Benutzung der Fernsprecher seitens des
Streckenpersonals zu überwachen und dass es möglich ist, dass sich auch die
Wärterposten unter einander anrufen können, wenn man dies allenfalls einzuführen für
geboten oder wünschenswerth erachten sollte, so ist durch denselben denn doch auch
die Misslichkeit nahe gerückt, dass die Wärter durch das häufige Weckergeläute
abgestumpft werden und einen wirklichen Ruf zum Telephon nicht mehr beachten oder
auffassen. Bei Anwendung von Wechselstromweckern fällt der letztgedachte Uebelstand
weg, denn dieselben ertönen eben nur beim wirklichen Anruf seitens der Bahnstation,
in welche zu diesem Behufe je ein 6 lamelligen Läuteinductor aufgestellt ist. Soll
bei den Wärtern der Anruf auch ausserhalb der Bude vernommen werden, so kann der
Wechselstromwecker zu dem Ende immerhin mit einem Fortschellcontacte versehen und
mit einer Localbatterie und einem an beliebige Stelle anbringbaren gewöhnlichen
Wecker in Verbindung gebracht werden. Die Wärter erhalten keinen Magnetinductor, sondern rufen die Stationen wie im vorher
besprochenen Falle nur mittels gewöhnlicher Unterbrechungstaster. In beiden Fällen
erhalten also die Eisenbahn-Stationen keine Anrufwecker, sondern empfangen den Ruf
der Wärter stets nur schriftlich, nämlich in der Form von Strichen auf dem
Morseapparate. Die Mikrophone sind überall so eingerichtet, dass zwei bis vier
Fernsprechposten gleichzeitig eingeschaltet sein können, ohne dass die Morserelais
in den Eisenbahnstationen abreissen, d.h. also, ohne dass die gleichzeitige
telegraphische Benutzbarbeit der Linie beeinträchtigt würde, obwohl übrigens in
Fällen, wo mehrere Wärter gleichzeitig zum Telephon
gerufen wurden oder selbst gerufen haben, die Aufrechthaltung der telegraphischen
Mitbenutzung der Leitung kaum mehr von praktischer Bedeutung sein wird.
Textabbildung Bd. 283, S. 56Fig. 11.Anrufvorrichtung von Reiner. Verwandte, bei Schweizerbahnen übliche Einrichtungen waren von Peyer, Favarger und Co. (vormals Hipp, Neuenburg) in der Halle für Wissenschaft und
Medicin, sowie von Zellweyer und Ehrenberger
(Uster, Schweiz) in der Halle für Telegraphie und Telephonie zur Ausstellung
gebracht. Darunter fehlten jenen Apparatsätzen, welche dafür bestimmt waren, in
Ruhestromglockenlinien (Läutewerksleitungen) eingeschaltet zu werden, in der Regel
jegliche besondere Anrufvorrichtungen, weil die betreffenden Bahnen ein eigenes
Glockensignal „zum Telephon kommen“ eingeführt haben, das mit dem
Glockensignaltaster gegeben wird. Alle schweizerischen
Wärterbudenfernsprecheinrichtungen waren mit besonderen Handumschaltern ausgerüstet,
mittels welcher der Wärter seinen Apparatsatz im Bedarfsfalle, z.B. bei
Leitungsstörungen, nach beliebiger Richtung zur Endstation machen kann.
Textabbildung Bd. 283, S. 56Fig. 12.Telephon von Teirich und Leopolder. Auch die Frankfurter Ausstellung erhärtete, dass seitens der Eisenbahnen
Fernsprechanlagen am häufigsten und mit Vorliebe an Stelle von Betriebstelegraphen
für Strecken untergeordneter Bedeutung benutzt werden. Innerhalb dieses
Anwendungsgebietes zeigen die gedachten Einrichtungen übrigens im Allgemeinen noch
weniger Besonderheiten als sonst. Die z.B. von den königl. bayer. Staatsbahnen
ausgestellten Telephonsätze für Nebenbahnen haben Ader'sche
Mikrophone mit Holzplatte, Magnetinductoren und Wechselstromwecker zum Anruf,
gewöhnliche automatische Umschalter und löffelförmige Hörtelephone. Die Endstationen
haben einen, die Mittelstationen aber regelmässig zwei Anruftaster. Die letzteren sind so eingerichtet,
dass sie den Magnetinductor, der mit einem Anschluss zur Erde verbunden ist, nur
nach der einen, bezieh. nach der anderen Richtung vor die Leitung legen, so dass das
Läutezeichen nur nach jener Richtung läuft, in welcher der angerufene Posten liegt.
Bei den neueren Anlagen auf Nebenlinien der bayer.
Staatsbahnen wird den „Störungen und Belästigungen durch
den Anruf“ ziemlich radical begegnet, indem zwei Leitungen in Benutzung kommen, wovon die eine l1l2, wie das in Fig. 11
dargestellte Schema der von Fr. Reiner (München)
gelieferten Mittel Stationen zeigt, und die Anrufs Vorrichtungen, d.h. die
Anruftaster T1 und T2, den Wecker W und mittelbar den Läuteinductor J, der eben auch nur zum
Anrufen benutzt wird, bezieh. benutzt werden kann, während die zweite, L1L2, ausschliesslich als
Sprechleitung dient. Zum Anrufen sind in der Mittelstation wieder zwei Taster vorhanden und ein Anschluss des Inductors
zur Erde gelegt, damit man nur nach jener Seite anruft, wohin man zu sprechen
hat.
Textabbildung Bd. 283, S. 57Fig. 13.Telephon von Teirich und Leopolder. Einen Apparatsatz von der Form, wie sie auf den Secundärstrecken der k. k.
österr. Staatsbahnen benutzt wird und durch Teirich und
Leopolder ausgestellt war, zeigt Fig. 12.
Für den Anruf ist wieder ein Wechselstromwecker W und
der mit einem Centrifugalcontacte während der Ruhelage kurz geschlossene
Magnetinductor J vorhanden. Die Hörtelephone F sind einpolige Phelps'sche Telephone mit hakenförmigen Magneten. Das Lucan'sche Mikrophon M, dessen zugehörige
Batterie im Inneren des Schreibpultes S untergebracht
ist, besteht im Wesentlichen aus einer durch zwei entsprechend ausgehöhlte
Mikrophonkohlenconductplatten gebildeten Hohlkugel, in welcher Kohlenkörner
eingefüllt sind. Diese Füllung wird durch eine in der fix angebrachten Kohlenplatte
eingebohrte, mittels einer Schraube verschliessbaren Oeffnung ermöglicht. Die
Blitzschutzvorrichtung B ist ein gewöhnlicher
doppelter Saugkamm. Von derselben Firma waren ferner ähnliche Apparatsätze
ausgestellt, bei welchen an Stelle des Lucan'sche
Transmitters das in Fig. 13 dargestellte Leopolder'sche Mikrophon verwendet war. Diese
Construction ist den bekannten Kohlenkörnermikrophonen verwandt, zeichnet sich aber
durch eine eigenthümliche Art der Befestigung und der Leitungszuführung aus. In
einem niedrigen Cylinder cc aus elastischem Materiale
liegen die zwei Kohlenplatten k und k1 einander gegenüber,
einen Raum r von etwa 6 mm Höhe zwischen sich frei
lassend, der fast vollständig mit Kohlenkörnern ausgefüllt wird. Die Kohlenplatte
k ist unbeweglich auf dem Boden b des Apparatgehäuses angeschraubt; dagegen ist k1 an der Membrane m befestigt und macht also die Schwingungen der
letzteren mit. An dem Gehäuseboden sind die zwei einander gegenüberstehenden, zu
Spitzenlager ausgearbeiteten Metallträger t und t1 angeschraubt, an
welche die Mikrophoncontacte angeschlossen werden. Die weitere metallische
Verbindung mit der Stromlaufleitung besorgen zwei eiserne Träger T und T1, welche mittels Spitzschrauben SS1 das ganze Mikrophon
zwischen sich festhalten. Das Gehäuse kann unbeschadet des leitenden Anschlusses um
eine wagerechte Achse beliebig gedreht werden. Bei jeder solchen Drehung des
Apparates wird in demselben die Kohlenkörnerfüllung aufgeschüttelt und können auf
diese Weise mühelos immer wieder neue Contactstellen geschaffen werden, wenn die
Leitungsfähigkeit etwa zufolge Oxydbildungen oder wegen gegenseitiger Klemmungen der
Kohlenstückchen eine Beeinträchtigung erfahren dürfte. Eine Abhilfe in ähnlichen
Fällen kann bei allen verwandten Constructionen nur unvollkommen durch Klopfen aus
Gehäuse erreicht werden.
Wenn auf Nebenbahnen, was ja immer häufiger vorkommt, die Leitungen der
Fernsprecheinrichtungen wegen der stetig zunehmenden Zahl von Seitenposten und
Abzweigungen innerhalb eines und desselben Stromkreises sehr dicht mit Apparaten
besetzt werden, ergeben sich neben der hinderlichen übermässigen Inanspruchnahme zu
bestimmten Tagesstunden, auch noch hinsichtlich der Unterscheidung der
Klingelanrufzeichen bald recht fühlbare Schwierigkeiten.
Der Anruf auf solchen Linien geschieht am zweckmässigsten mit Weckerzeichen, die den
Morsezeichen nachgebildet sind, wobei es als Regel zu gelten hätte, dass in keiner
Station auf mehreren Weckern gleichzeitig Anrufe empfangen werden sollen. Anderen
Falles wäre nur durch Vermehrung der Leitungen und dadurch, dass die akustischen
Signale durch optische, z.B. Abfallscheiben erläutert, würden, Abhilfe zu finden.
Die Vereinigung mehrerer Stationen mittels sogen. Centralapparate, entlang einer
Bahn, erfordert aber eine allzu weitgehende, keineswegs anzustrebende Vermehrung der
Leitungen und für die Leitungen und Centralstationseinrichtungen auch bedeutende
Kosten, abgesehen davon, dass Centralstationen einer ständigen Bedienung bedürfen,
die auf Nebenstrecken nicht verfügbar ist. Diesen Nachtheilen zu begegnen, treffen
Siemens und Halske (Berlin) die in Fig. 14 dargestellte Anordnung. (D. R. P). Als
Beispiel ist dabei eine Linie angenommen, welche aus den Hauptposten (Bahnstationen,
A bis G und den
Nebenposten a bis u
gebildet wird. Jeder Hauptposten ist nur mit einem in
der Zeichnung durch einen kräftigen Punkt angedeuteten Fernsprechapparate versehen, und alle diese
Apparate verbindet hinter einander eine besondere Leitung I. Die sämmtlichen an den Nebenposten aufgestellten Fernsprecher sind
dagegen durch eine andere Leitung II verbunden. Die
Leitung I ist ferner auch in sämmtlichen Nebenposten,
sowie die Leitung II in alle Hauptposten durchlaufend
eingeführt und die letztere ausserdem daselbst – wie die Figur ersehen lässt – zur
Erde angeschlossen. Ein Hauptposten, beispielsweise von der Lage und Beschaffenheit
der Station E, würde nun des Weiteren mit einer in Fig. 15 dargestellten
Schaltvorrichtung 1, 2, 3, 4, 5 ausgerüstet, welche es ermöglicht, den dort
befindlichen Fernsprechapparat S, der normal vermöge
der Stöpsel S1 und S2 in die Hauptleitung
I (Fig. 14 und 15) geschaltet ist, in
jede der Nebenpostenleitungen lr, su und ki einzuschalten, indem einer der Stöpsel S1 oder S2 aus der
Contactklinke 1 bezieh. 2, wo sie in der Regel zu stecken haben, herausgenommen und
in die Klinke 2, 3 oder 4 gebracht wird.
Textabbildung Bd. 283, S. 58
Fig. 14.Fernsprechleitung von Siemens und Halske.
Textabbildung Bd. 283, S. 58
Fernsprechleitung von Siemens und Halske.
Textabbildung Bd. 283, S. 58
Fig. 17.Fernsprechleitung von Siemens und Halske.
Beim Lösen der Normalschaltung, d. i. also beim Herausziehen
von S1 oder S2 aus 1 bezieh. 5
schaltet sich ein besonderer Wecker W an Stelle des
Fernsprechers in die Hauptlinie ein, um einen von dort etwa während der Umschaltung
einlangenden Anruf durch einen ganz eigenen, auffälligen, von dem Geklingel des
gewöhnlichen, normalen Fernsprechweckers wesentlich unterschiedenen Ton zu
kennzeichnen. Die anderen Hauptposten sind mit ähnlichen, den Umständen angepassten
Klinkeneinrichtungen versehen, wie dies z.B. Fig. 16 hinsichtlich des
Hauptpostens (Endstation) G (Fig. 14) ersichtlich macht. Der Fernsprechapparat S ist hierbei mit dem Stöpsel s3
durch die Klinke b einerseits an die Leitung I angeschlossen, während andererseits durch den Stöpsel
s4 die Verbindung
zur Erde führt. Leitung II liegt durch Klinke 7 an
Erde; wird der Stöpsel 3 aus Klinke 6 herausgenommen, so schaltet sich der Wecker
W an Leitung I. Jede
der Nebenstationen aber erhält eint Schaltvorrichtung, wie sie Fig. 17 zeigt. In der normalen Ruhelage ist der
Fernsprechapparat S in der Leitung II eingeschaltet, indem ein Stöpsel s5 mit Doppelcontact
die Klinken 11 und 12 über S verbindet. Wird hingegen
der Stöpsel ausgezogen und zwischen den Klinken 9 und 10 eingesteckt, so schaltet
man dadurch S in die Leitung I, während die Leitung II zwischen 11 und 12
durch das Zusammenfedern dieser beiden Klinken in directen Schluss gelangt. Mithin
kann jeder Nebenposten mit den Posten der Hauptleitung in unmittelbaren Verkehr
treten, während diese wiederum nach Erforderniss – was übrigens doch nur in
Ausnahmsfällen vorkäme – Verbindungen mit anderen Nebenstrecken vermitteln
können.
Eine der früher bereits erwähnten Fortschellvorrichtungen, welche s. Z. bei
fränkischen Localbahnen in Gebrauch genommen wurden, war bei Berliner (Hannover) ausgestellt. Dieses in Fig.
18 skizzirte Relais wird an geräuschvollen Posten, z.B. in
Maschinenräumen, Heizhäusern u.s.w., oder an Posten, die nicht dauernd beaufsichtigt
sind, an Stelle des Anrufweckers oder auch nebst demselben eingeschaltet und hat die
bekannte Aufgabe, beim erfolgten Anruf den localen Stromkreis eines an beliebiger
Stelle angebrachten, beliebig kräftig zu wählenden Weckers zu schliessen, indem der
durch den Anrufstrom erregte Elektromagnet den Anker A
anzieht, demzufolge der dreiarmige Hebel abm das
Auflager beim Naschen p verliert und durch die Feder
F mit b auf die
Contactschraube c gelegt wird. Die Rückstellung
geschieht von Hand durch Anziehen der Schnur nm.
Textabbildung Bd. 283, S. 58Fig. 18.Berliners Relais. Für Eisenbahnzwecke geeignete Fernsprechanordnungen waren weiters noch in
grosser Zahl und vorzüglicher Ausführung ausgestellt (vgl. 1891 282 * 112) von E. Fein
(Stuttgart), C. Theodor Wagner (Wiesbaden), Gebr. Naglo (Berlin), Czeija
und Nissl (Wien) u. v. A.