Titel: | Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter Ausstellung. |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 165 |
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Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf
der Frankfurter Ausstellung.Bezüglich des auf
* S. 52 erwähnten Stangenblitzableiters von Wehr
sei auf D. p. J. 1891 282 131 Anm. 4 verwiesen, worin jedoch Lemasson zu lesen ist.
(Fortsetzung des Berichtes S. 105 d.
Bd.)
Mit Abbildungen.
Die elektrischen Eisenbahneinrichtungen auf der Frankfurter
Ausstellung.
IV. Annäherungs- und Avertirungsignale.
Die Mehrzahl der in Frankfurt vorhanden gewesenen Annäherungsignale gehörte in die
Unterabtheilung der „Ueberwegsignale“. Es sind
das bekanntlich jene Signale, welche die Aufgabe haben, das bevorstehende Eintreffen
eines Zuges an irgend einer Stelle der Bahn den daselbst diensttauenden Organen oder
auch dem Publikum anzukündigen, und die in Deutschland erst neuerer Zeit sowie in
der Regel nur auf eingeleisigen Nebenbahnen, wo durchgehende Liniensignale
(Läutewerksignale) fehlen, und hauptsächlichst nur an unbewachten Bahnüberwegen,
also vorwiegend nur zur Warnung des Publikums zur Verwendung gelangen.
Textabbildung Bd. 283, S. 165Seesemann's Streckencontact. Bei den ausgestellten Einrichtungen dieser Gattung war durchweg
vorausgesetzt, dass sich der fahrende Zug mit Hilfe eines kräftigen, weit
vernehmbaren Läutewerkes, das mit Streckencontacten in Verbindung steht, die in
angemessener Entfernung vom Ueberwege im Bahngeleise angebracht werden, selbsthätig ankündigt, indem beim Befahren des
Streckencontactes das Läutewerk elektrisch ausgelöst wird und längere Zeit – in der
Regel so lange, bis der Zug selbst die Signalstelle erreicht hat – läutet.
In der Collection der königl. preussischen Staats-Eisenbahnverwaltung befand sich ein
von Sesemann in Erfurt ausdrücklich für
Annäherungssignale construirter Streckencontact, der sich als eine Vereinfachung und
wesentliche Verbesserung einer älteren, von Sesemann in
der
Elektrotechnischen Zeitschrift, 1889 S. 71vgl. 1889 273 * 214., beschriebenen Anordnung
erwies. Dieser in Fig.
23 und 24
dargestellte Apparat ist ausserhalb des Bahngeleises (in Krümmungen überdem nur
ausserhalb des äusseren Stranges) auf einer starken
eisernen Fussplatte A angebracht, welche an der Schiene
mittels Klemmenplatten und Mutterschrauben befestigt wird. Er besteht im
Wesentlichen aus einer in einem Kugellager B
beweglichen Welle C, an deren der Bahnschiene
zugekehrtem Ende ein kleines mit einem Gummiring G
umgebenes Rad D drehbar befestigt ist, das 10 bis 12 mm
über das Niveau der Schienenoberkante emporragt. Das zweite Ende der Welle C ist mit der Stahlrolle E
versehen und kann sich in einem dreiseitigen Ausschnitte der Gestellwand G frei bewegen. Während der Ruhelage liegt die Welle
C sowohl vermöge des Eigengewichtes als zufolge des
Zuges der kräftigen Wurmfeder K stets im untersten
Winkel des besagten Dreieckes, geht aber ein Zug über die Stelle weg, so wird das
Rädchen D beim Darüberrollen oder Darüberschleifen der
Räder nieder- und zugleich im Sinne der Fahrtrichtung
des Zuges nach vorwärts gedrückt. Demzufolge muss das
zweite Ende im Gestellausschnitte F in
entgegengesetzter Richtung an der Ausschnittkante emporlaufen und für jedes Rad im
Zuge einmal den in Fig.
24 mit Strichen angedeuteten höchsten Punkt einnehmen, worauf die Welle
C immer wieder durch die Wurmfeder K in die Ruhelage zurückgezogen wird. Bei den gedachten
Bewegungen des hinteren Wellenendes, nach rechts oder links der Ausschnittkante
aufwärts, nimmt die Stahlrolle E auch die um den Zapfen
R drehbare Führungsschleife L mit, an welcher zu unterst die beiden durch das Gestelle mit der
Erdleitung in Verbindung stehenden Contacte k und k1 angebracht sind. Auf
der nach aussen gekehrten Seite der Gestellwand G sind
auf einer Ebonitplatte für
jede der beiden Fahrtrichtungen der Züge je eine Contactfeder n und n1 angeschraubt, zu welcher die betreffenden
Kabelzuleitungen angeschlossen und deren Gangweiten nach der einen Richtung hin
durch den Anschlag o bezieh. o1 begrenzt werden. Aus dem bisher
Gesagten geht hervor, dass durch einen in der Richtung des in Fig. 24 eingezeichneten
Pfeiles fahrenden Zug der Contact k auf i gepresst, also die bei n
angeschlossene Leitung zur Erde verbunden wird, der Contact k1, i1 aber unterbrochen bleibt, während bei
entgegengesetzter Zugsrichtung der letztbenannte Contact in Thätigkeit gelangt und
k, i unthätig bleibt. Erfahrungsmässig sind die
Schrauben i und i1 so zu reguliren, dass bei Apparaten, welche auf
Bahnstrecken in Verwendung gelangen, wo keine grösseren Zugsgeschwindigkeiten
vorkommen als 40 km in der Stunde, die Entfernungen zwischen i und k, sowie zwischen i1 und k1 bei der Ruhelage der
Führungsschleife L 1 mm betragen, wobei gleichzeitig
die Enden an dem zugehörigen Anschlag o bezieh. o1 anliegen sollen.
Damit bei grösseren Zugsfahrgeschwindigkeiten (etwa 60 km in der Stunde) durch das
rasche Zurückschnellen der Welle C nicht etwa ein
falscher Contact geschlossen werden könne, sind an der Gestellwand G weiter die um die Zapfen x und x1
drehbaren Winkelhebel m und m1 (Fig. 24) angebracht,
welche sich gegen die an den Contactfedern n und n1 isolirt
aufgeschraubten Muttern s bezieh. s1 stemmen; mit Hilfe
dieser Anordnung wird der Apparat so eingestellt, dass die Contactfeder n bezieh. n1 bevor die Stahlrolle E während des Befahrenwerdens der Vorrichtung in die Ruhelage kommt, immer
noch um 1 bis 2 mm von dem Anschlage o bezieh. o1 entfernt ist. Behufs
Abschwächung des Schleuderns sind die drei Seiten des Ausschnittes der Lagerwand mit
einer Lederpolsterung und darüber mit Stahlblech bekleidet. Die Theile vom
Kugellager B an bis zur Kabeleinführung sind zum
Schütze gegen Feuchtigkeit und Verunreinigung u.s.w. mit einer in Fig. 23 durch punktirte
Linien angedeuteten Blechhaube abgeschlossen.
Als zweiter Theil der Signaleinrichtung, d.h. als eigentlicher Signalapparat wird
ganz im Sinne des vorhin dargelegten Signalprogramm es für bewachte Uebergänge ein
gewöhnliches Streckenläutewerk, für unbewachte
Uebergänge jedoch ein Streckenläutewerk: verwendet, dessen Schlagwerk so weit
abgeändert ist, dass es nahezu zwei Minuten lang und wesentlich langsamer schlägt,
als das gewöhnliche; beidenfalls muss der Elektromagnetanker sorgsam für kurze Stromstösse eingestellt sein. Dieses durch ein
täglich aufzuziehendes Gewicht betriebene Läutewerk steht mit den beiden, etwa 1300
bis 1500 m vor und hinter dem Ueberwege in die Bahnstrecke eingelegten Contacten
durch Drahtleitungen in Verbindung und wird durch einen Batteriestrom ausgelöst,
der, wie gezeigt wurde, geschlossen wird, sobald ein sich nähernder Zug den
Streckencontact befährt. Bei Befahrung des zweiten Contactes durch den Zug, der die
Signalstelle, nämlich den in Betracht kommenden Ueberweg bereits passirt hat, kann
aber eine neuerliche Stromschliessung in Anbetracht der geschilderten Anordnung des
Sesemann'schen Contactes nicht mehr stattfinden und
eine zweite, für das den Ueberweg benutzende Publikum belästigende und beirrende
Auslösung des Läutewerkes ist ausgeschlossen. Eine Anzahl solcher Ueberwegsignale
stehen im Eisenbahndirectionsbezirk Erfurt mit gutem Erfolge in Verwendung.
Ein anderer, vom technischen Eisenbahnsecretär J. A.
Fricke erdachter, einseitig ansprechender
Schienencontact war von Seite der königl. Eisenbahndirection Frankfurt a. M. zur
Anschauung gebracht. Der Haupttheil dieses in Fig. 25 und 26 dargestellten
Apparates ist eine dicht neben der Eisenbahnschiene, ausserhalb des Geleises
liegende Feder F (f), welche durch die Rollenpaare r und r1 gehalten wird und in ihrer Ruhelage mit ihrem
höchsten Punkte annäherungsweise 15 mm höher liegt, als die Schienenoberkante. Die
Rollenträger a und a1, sowie alle übrigen Theile des Apparates sind auf
dem eisernen Untergestelle PQ angebracht, das in der
gewöhnlichen Weise mittels Pratzen und Kopfschrauben am Schienenfusse festgeklemmt
ist. Hinsichtlich der Wirksamkeit der Vorrichtung muss vorerst in Betracht gezogen
werden, dass, wenn ein Eisenbahnfahrzeug über die Feder F hinweggeht, in Folge der konischen Form der Radreifen jedes Rad mit
einem grösseren Radius über die Schiene als über die Feder läuft, und dass sonach
die Umlaufgeschwindigkeit längs der Bahnschiene etwas grösser ist als längs der
Feder F. Auf der letzteren wird demzufolge während des
gedachten Vorganges vom Rade eine schiebende bezieh. in der Richtung des Zuges
mitnehmende Reibung ausgeübt, d.h. die Feder wird durch jedes Rad nicht nur
niedergedrückt, sondern auch ausgestreckt, wobei das in der Fahrtrichtung des Zuges
liegende Federende ein Stück nach vorwärts geschoben wird, während das andere
bezieh. rückwärtige Ende vom Anschlagbacken – z.B. von a
– festgehalten bleibt. Das nach vorwärts geschobene Federende trifft auf
den entsprechend angebrachten, um i drehbaren Hebel kh, den eine Spiralfeder g
für gewöhnlich auf den Anschlag x drückt. Gelangt kh auf diese Weise aus der Ruhelage, so kann der Stift
s dem Drucke der Feder p nachgeben und der durch das
Gestelle mit der Erde verbundene Contacthebel m sich
auf die mit der Signalleitung verbundene, vom Gestelle natürlich isolirte
Contactschraube c legen, wodurch dann der zur Auslösung
des Signals nöthige Stromschluss bewirkt ist. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung,
dass ein Zug, welcher in der entgegengesetzten Richtung verkehrt, als der vorher
angenommene, auch die Feder F nach der entgegengesetzten Richtung strecken wird, so dass dann
das Ende bei a1
festgehalten und der Hebel kh vollkommen unthätig
bleibt. Das Gestell ist selbstverständlich so eingerichtet, dass das eigentliche
Contacthebelwerk ganz nach Bedarf entweder nur rechts oder nur links oder auch auf
beiden Seiten gleichzeitig angebracht werden kann. Der Arm h des Hebels kh erhält eine so auffällige,
pendelartige Länge, um dem Contacte bezieh. dem Stromschlusse eine grössere
Zeitdauer zu geben. Ein blecherner Kasten, der über den Apparat gestülpt wird, hat
die Aufgabe, denselben angemessen zu schützen; zur Befestigung dieses in den
Abbildungen nicht dargestellten Kastens dienen die beiden Schrauben b und b1.
Zu diesen Streckencontacten hat J. A. Fricke auch noch
ganz eigenthümliche Ueberwegläutewerke construirt, bei
welchen kein durch Gewicht oder durch Federn
betriebenes Laufwerk vorhanden ist, sondern ein Elektromotor den Glockenklöppel bewegt; dieselben bieten also den
Vortheil, dass das regelmässige, in der Regel täglich
vorzunehmende Aufziehen eines mechanischen Laufwerkes entfällt. Dieser
Umstand fällt insbesondere für unbewachte Signalposten
ins Gewicht, denn wenn auch den Bahnwärtern, welche zum Zwecke der
Geleiseinstandhaltung die Strecke zu begehen haben, das Aufziehen der
Ueberwegläutewerke zur Pflicht gemacht wird, so spielen doch Vergesslichkeit und
thatsächliche Behinderung u.s.w. hier eine bedenkliche Rolle und es ist besser,
den hieraus entspringenden Möglichkeiten durch constructive Mittel die Spitze
abzubrechen.
Textabbildung Bd. 283, S. 167
Fricke's Schienencontact.
Das Fricke'sche elektrisch
angetriebene Ueberwegläutewerk, welches unter Weglassung der gewöhnlichen
Läutewerksglocke sammt Hammer in Fig. 27 und 28 dargestellt ist, wird
in einem Läutehäuschen aufgestellt, wie sie in Deutschland allgemein gebräuchlich
sind, und in welchem auch die zugehörige Batterie von 6 bis 8 Leclanché- oder Gassner'schen Trockenelementen o. dgl. ihren Platz findet. Die Anordnung des
Laufwerkes stimmt mit derjenigen bei Gewichtsbetrieb so ziemlich überein; nur wirkt
die Triebkraft nicht direct auf das sogen. Boden- oder Hauptrad r, wie ein Gewicht, sondern der elektrische Motor ist
an jene Stelle gesetzt, an welcher sich sonst der den Gang des Laufwerkes
regulirende Windfang befindet. Die Achse des Motors ist mit dem Getriebe t versehen, welches in r
eingreift; dieses hat diametral zwei Stifte s und s1 vorstehen, auf
welchen sich lose Röllchen befinden. Bei der Umdrehung des Rades r drücken diese Stifte s
den auf der Drehachse Z sitzenden steifen Arm h nach abwärts. Ein zweiter solcher Arm h1 steht mittels eines
Drahtzuges Y direct mit dem Hammerhebel der Glocke in
Verbindung; beim Niedergehen von h geht auch h1 nieder und sobald
der betreffende Stift s an h vorüber ist, schnellen die beiden Arme nach aufwärts zurück und es
erfolgt ein Glockenschlag. Damit das Signal deutlich und angemessen sei, sollen sich
die Glockenschläge alle zwei Secunden folgen; demgemäss muss der Elektromotor, da das Getriebe t 8 Zähne und das Rad r
176 Zähne hat, in einer Minute 330 Umdrehungen machen.
Derselbe besteht aus den zwei halbkreisförmig gebogenen Stahlmagneten m, deren gleichnamige Pole neben einander gelagert
sind, wodurch also zwei im Kreise einander gegenüber liegende magnetische Felder
gebildet werden.
Textabbildung Bd. 283, S. 168Fricke's Ueberwegläutewerk, angefertigt von Th. Wagner in
Wiesbaden. Im Mittelpunkte des von den beiden Stahlmagneten gebildeten Kreises liegt
die bei l und l1 (Fig. 28) gelagerte
Motorachse, welche eine Eisenscheibe k (Fig. 27) trägt, an der
acht radial abstehende Eisenkerne k1 angeschraubt sind. Ueber die letzteren sind
Drahtspulen m1
geschoben, deren Drahtenden im Commutator C (Fig. 28) zusammenlaufen.
Hier sind es die zwei federnden Bürsten b und b1, welche die Strom
Zuführung zu den 8 Elektromagneten m1 vermitteln. Um den Batteriestrom dem Motor
zuzuführen, muss erst die Einschaltung desselben in den Schliessungskreis erfolgen,
was durch Vermittelung des Contactes e geschieht, denn
ist der letztere geschlossen, so arbeitet der Motor, ist e unterbrochen, so gelangt kein Strom in den Motor und derselbe bleibt in
Ruhe. Es sind
sonach zwei Nebeneinrichtungen nothwendig, nämlich eine, die, sobald durch einen
sich nähernden Bahnzug der Streckencontact in Thätigkeit gebracht wird, die
Schliessung des benannten Contactes bewirkt, und eine andere, die nach einer
bestimmten Zeit – in der Regel nach zwei Minuten langem Läuten – den Contact e wieder aufhebt.
Die erstgedachte Vorrichtung ist dem Elektromagnet m2 überantwortet, der, wie das Stromlaufschema Fig. 29 zeigt, direct in die die beiden
Streckencontacte T verbindende Leitung L1L2, dann zur Batterie
B und Erde E
angeschlossen wird. Erfolgt in einem der Streckencontacte der Anschluss der Leitung
L zur Erde, so geht der entstehende Strom durch m2 und der angezogene
Anker rückt mittels eines Armfortsatzes seines Hebels das Contactstück i (vgl. Fig. 27) an die Schraube
e, der Strom der Batterie B nimmt nun seinen Weg durch den Motor m1. Dieser Strom weg wird wieder unterbrochen, wenn
ein seitlich vorstehender Stift p des Rades x die Nase n des Hebels
i beim Vorübergehen nach seitwärts verschiebt,
wodurch i von der Schraube e entfernt und mit dem oberen Arm q unter den
verlängerten Ankerhebel des Elektromagnetes m2 gelegt und auf diese Weise wieder für die nächste
Auslösung vorbereitet wird. Das Rad x erhält seine
Bewegung durch das Rad r (Fig. 27), indem
letzteres bei jedesmaliger Umdrehung, also nach jedem zweiten Glockenschlage,
mittels des Daumens f das Rad x um einen Zahn weiterrückt. Die Anzahl der Glockenschläge für das
einmalige Abläuten lässt sich also durch die Anzahl der in x einzusetzenden Hebestifte p regeln.
Textabbildung Bd. 283, S. 169Fig. 29.Stromlaufschema zu Fricke's Ueberwegläutewerk. Solange das Läuten andauert, werden weiter noch zwei isolirt angebrachte
Contactfedern g (vgl. auch Fig. 27), welche sich
gegen das auf der Achse des Rades r befestigte Viereck
v lehnen, abwechselnd in Berührung gebracht und
wieder von einander getrennt; diese zwei Federn schliessen einen besonderen
Stromkreis, durch welchen die beiden Controlwecker W1 und W2 (Fig. 29) in
Thätigkeit gebracht werden, die etwa 200 m vor und hinter dem Ueberwege auf der
Bahnstrecke angebracht sind und deren Läuten dem Maschinenführer des sich dem
Ueberwege nähernden Zuges anzuzeigen hat, dass das Läutewerk beim Ueberwege richtig
arbeitet. Mit dem Annäherungssignale für das Publikum ist also bei der beschriebenen
Anordnung auch noch ein Avertirungsignal für den
Maschinenführer verbunden. Findet der letztere bei der Annäherung an einem
Ueberwegsignale den Controlwecker unthätig, so muss er das Versagen des Läutewerkes
voraussetzen und er darf sich demgemäss nur mit verlangsamter Zugsgeschwindigkeit
und erhöhter Vorsicht dem Ueberwege nähern.
Ganz eigenartig ist auch ein Ueberwegläutewerk, welches
von der königl. Eisenbahndirection Berlin ausgestellt war, von H. Hattemer construirt ist und bei Siemens und Halske (Berlin) und bei C. Lorenz (Berlin) erzeugt wird. Die äussere Form
dieses Signales (Fig. 30) gleicht jener der
gewöhnlichen Läutesäulen, wie sie in Deutschland für die Siemens und Halske'schen Spindelläutewerke viel verbreitet sind. Der aus
einem geschweissten Eisenrohre hergestellte Säulenschaft S endigt unten in einem prismatischen, an dem in die Erde vergrabenen,
gusseisernen Fusstücke Z angeschraubten Sockel S1 und trägt oben die
Glocke G, sowie einen gusseisernen, kegelförmigen
Aufsatz K1 (Fig. 31 und 32), auf dem der
elektrische Apparat W1W2 mit dem
Glockenhammer H angebracht ist.
Zum Schütze der Glocke dient die gleichfalls glockenförmig gestaltete, aber mit dem
Rande nach abwärts gerichtete Blechhülse Q, und zum
Schütze des eigentlichen Apparates eine cylindrische, mit zwei Handgriffen g versehene Blechhaube K
(Fig. 30), die mittels zweier Bayonnetverschlüsse
am Ringe J (Fig. 31 und 32) festgemacht
wird.
Textabbildung Bd. 283, S. 169
Fig. 30.Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Textabbildung Bd. 283, S. 169
Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Im Untergestelle Z (Fig. 30) der Signalsäule ist in zwei über einander
stehenden Holzkästen k1
und k2, welche durch
eine im Sockel S1
vorhandene versperrbare Thür eingebracht werden können, die Batterie untergebracht,
die in der Regel aus zwölf kleinen, rechteckig geformten Hellesen'schen Trockenelementen besteht. Die Haupttheile des in Fig. 31 und 32 in der Ansicht und in
Fig. 33 schematisch dargestellten Apparates sind
zwei dreipolige Elektromagnete M1 und M2, von welchen der erstere fix, der zweite jedoch
pendelartig auf einer Drehachse beweglich ist; der letztere trägt den Glockenhammer
H. Die beiden parallel
geschalteten Elektromagnete haben auf jeder Spule etwa 1400 Windungen mit 6,5 bis 6,7 Ohm
und zusammen einen Widerstand von etwa 10,0 Ohm. Die Spulenwickelungen sind so
angeordnet, dass sich bei Erregung der beiden Elektromagnete zufolge eines
durchfliessenden Stromes stets nur ungleichnamige Pole gegenüberstehen. Auf dem
Hammerstiel sitzt ein Seitenarm A fest, der auf ein
Hebel werk einwirkt, das aus den drei Hebeln T, P und
N besteht, wovon die zwei erstgenannten auf der
gemeinsamen Achse i sitzen. Eine Spiralfeder f zieht den Hebel T nach
abwärts und die Feder f1 den Hebel P nach aufwärts, soweit dies ein
fixer Anschlag D gestattet. Der auf der Achse d sich drehende Arm N ist
durch eine Feder an seine Lagerwand so stark angepresst, dass die hierdurch
entstehende Reibung das Eigengewicht des Hebels übertrifft, weshalb dieser jede ihm
ertheilte Lage beibehält; er trägt vorn einen Mitnehmer, der aus zwei seitlichen
Backen mit Stellschrauben t1 und t2
besteht, die genau in der Bewegungsebene des Hebels P
liegen. Der Arm N trägt ferner eine Contactschraube c, welche hinter P nach
aufwärts reicht und bei der Ruhelage des Apparates den am Hebel T befindlichen Contact c1 berührt, so dass in diesem Falle
zwischen den beiden Achsen i und d, die sonst völlig von einander isolirt sind, eine
leitende Verbindung hergestellt ist.
Einen weiteren Haupttheil der Einrichtung bildet ein Schaltwerk, dessen schematische
Anordnung der Deutlichkeit wegen in Fig. 34 für sich
dargestellt erscheint. Es besteht aus dem Steigrade R1 und der damit fest verbundenen
metallischen Gleitscheibe v, die gemeinsam auf der
Achse y festsitzen, ferner aus dem Rade R und der mit demselben fest verbundenen Gleitscheibe
w. Das Rad R mit w sitzt nur lose auf y,
wird aber, falls sich R1 dreht, mit Hilfe einer Stahlbandfeder F,
die einerseits an der Achse y und mit dem zweiten Ende
an dem in die Gleitscheibe v eingedrehten Gehäuse g festgemacht ist, in gleicher Richtung mitgenommen.
Eine an ihrem Ende mit einer Contactnase p und vor
derselben mit einem Elfenbeinknöpfchen q versehene
Feder a legt sich auf die Gleitscheibe v und liegt während der Ruhelage des Apparates in einem
Einschnitte der Scheibe v isolirt, weil q die metallische Berührung verhindert.
Textabbildung Bd. 283, S. 170
Fig. 33.Schema von Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Die Gleitscheibe v steht also
während der Ruhelage mit der Feder a in keiner
leitenden Verbindung. Ganz ähnlich liegt eine zweite Contactfeder b auf der mit B fest
verbundenen Gleitscheibe w; sie hat jedoch an Stelle
der Metallnase eine Elfenbeinnase q1 und ganz vorn erst einen mit der Feder verbundenen
Platincontact p1. Auch
b liegt bei Ruhelage in einem Ausschnitte von
w, und es besteht also in diesem Falle zwischen b und w durch p eine leitende Verbindung. Sobald sich jedoch die
Räder R und R1 in der Pfeilrichtung drehen, werden die Federn a und b mit ihren Nasen
p und q1 auf ihre Gleitscheiben v bezieh. w auflaufen und dann hört die
zwischen a und v
bestandene Unterbrechung, sowie der zwischen b und w vorhanden gewesene Contact auf und wandelt sich im
ersteren Falle zum Contact, im letzteren zur Unterbrechung um, bis die Räder eine
volle Umdrehung gemacht haben, die Federnasen wieder in ihre Scheibenausschnitte
einfallen und das ursprüngliche Verhältniss wieder eintritt. Die Gesammtwirkung der
geschilderten Apparattheile des Läutewerkes, das wie in den früher besprochenen
Fällen durch Leitungen mit zwei entsprechend weit entfernten in das Bahngeleise
eingelegten Streckencontacten in Verbindung steht, ist nun nachstehende: Macht ein
sich dem Bahnüberweg nähernder Zug den entsprechenden Streckencontact C1 oder C2 (Fig. 33) thätig, so entsteht – beispielsweise
angenommen, dass der Contact C1 geschlossen worden sei – ein Strom, der vom
Kupferpol der Batterie B über l1 durch die sämmtlichen sechs
Elektromagnetspulen, ferner über l2, m, n, L1, C1, E1, E, b, w, y, f1, i, T, c1, c und d zum Zinkpol seinen Weg findet.
Textabbildung Bd. 283, S. 170
Fig. 34.Hattemer's Ueberwegläutewerk.
Eine Nebenschliessung von m über
a und v ist vorläufig
unmöglich, weil das Elfenbeinknöpfchen q dies
verhindert. Der besagte Strom erregt beide Elektromagnete, die sich demzufolge
kräftig anziehen; M2
wird aus seiner Ruhelage gebracht, gegen M1 hingezogen, und der Hammer H wird kräftig gegen die Glocke G schlagen.
Bei diesem Ausschwingen des Hammers drückt der Arm A
den Hebel P nach abwärts, wobei dieser auf seinem Wege
an die Schraube t2
stösst und sonach auch den Arm N nach abwärts mitnimmt,
wodurch der Contact cc1
aufhört und der Strom wieder unterbrochen wird. M2 schwingt in Folge dessen zurück; ebenso kehrt auch
der Hebel P vermöge des Einflusses der Feder f1 in die Ruhelage
zurück und bringt am Ende seines Weges, indem er auf die Mitnehmerschraube t1 stösst, auch den Arm
N wieder in seine ursprüngliche Stellung.
Nichtsdestoweniger wird der Contact cc1 vorläufig noch nicht erneuert, weil M2 nach rechts
weiterschwingt und in dem Momente, wo die Berührung zwischen c und c1
eintreten würde, mit A den Hebel T hochgehoben hat. Der Hammermagnet kann somit unbeirrt
von magnetischen Einflüssen voll ausschwingen und erst, nachdem derselbe nahezu in
die senkrechte Lage zurückgekehrt ist, kann neuerlich ein Erregungsstrom in die
Elektromagnete gelangen, weil dann der Hebel T unter
dem Einflüsse der Feder f wieder seine ursprüngliche
Lage erreicht hat und bei c mit c1 so lange in Contact bleibt, als der
aufs Neue schwingende Hammermagnet Zeit benöthigt, mit dem Arme A den Hebel P wieder bis zur Schraube t2 nach abwärts
zu drücken. Diese Vorgänge werden sich in gleicher Weise so lange fortsetzen, als im
Streckencontacte der Stromkreis geschlossen bleibt. Das Läutewerk functionirt also
ganz so wie ein Selbstunterbrecher, nur mit der Eigenthümlichkeit, dass die
Unterbrechungen weitaus, nämlich mindestens viermal länger sind, als die
Stromstösse, was nothwendig ist, damit die Rückschwingungen des Glockenhammers in
keiner Weise durch magnetische Einflüsse gestört werden können. Sobald das Läutewerk
zu arbeiten beginnt, schiebt der Hebel P mittels der
Klinke k bei jeder Ab- und Aufwärtsbewegung das Rad R1 (Fig. 33 und 34) um
einen Zahn weiter. Hierdurch wird gleich nach den ersten Glockenschlägen die Nase
p der Feder a mit der
Gleitscheibe v in metallischen Contact gerathen sein,
der nun, wie bereits früher schon gezeigt wurde, anhält, bis die Scheibe einmal voll
umgelaufen ist. Dieser Contact bringt das Werk mit der Batterie B in kurzen Schluss, indem nun der Strom seinen Weg vom
Kupferpol über l1, (M1 und M2), l2, m, a, v, y, f1, i, T, c1, c, N und d zum Zinkpol zurück findet. Das Läutewerk läutet
sonach, nachdem es einmal ausgelöst wurde, so lange, als das Rad R1 zur Vollendung
seiner Umdrehung braucht, d.h. die Dauer des Läutens hängt lediglich von der Anzahl
der Zähne des Rades R1
ab und sie wird sich innerhalb gewisser Grenzen beliebig einrichten lassen, sei es
durch die Anzahl der Zähne selbst oder durch Anbringung mehrerer Einschnitte in der
Gleitscheibe v für die Contactnase der Feder a, so dass diese etwa schon nach ¼, nach ⅓ oder ½
Umdrehung einfallen kann. Beim ausgestellten Apparate zählte das Steigrad 84 Zähne;
für die Feder a war nur eine Falle vorhanden und die 84 Glockenschläge, welche somit auf jede
Auslösung entfielen, erforderten etwa 1 ¾ Minuten Zeit. Im Schaltwerke Fig. 34 setzt sich mit dem Rade R1 auch das Rad R in Bewegung und hierdurch wird, bald nach dem Anlaufe
des Werkes, die Elfenbeinnase auf w auflaufen und
sonach der Anschluss zur Erde E (Fig. 33) unterbrochen. Diese Unterbrechung dauert 3
bis 4 Minuten länger, als das Läuten des Werkes, weil R
ebenso viel Zeit mehr zur Vollendung seiner Umdrehung braucht als R1. Es greift nämlich
in das Rad R ein Hemm werk Z ein, dessen Gang durch einen in einer dosenförmigen Kapsel gelagerten
Schwungkörper U nach Art der Unruhe einer Uhr regulirt
ist. Die Verzögerung im Umlaufe des Rades R hat den
Zweck, den Erdanschluss reichlich so lange unterbrochen zu halten, als der Zug Zeit
braucht, um den zweiten, hinter dem Ueberwege liegenden Streckencontact zu erreichen
und zu passiren, damit keine zweite Auslösung mehr erfolgen kann. Diese
Ueberwegläutewerke gestatten somit die Verwendung jeder Gattung von sonst
brauchbaren und verlässlichen Streckencontacten – auf den Strecken des
Directionsbezirkes Berlin sind dafür Siemens und
Halske'sche Schienen-Durchbiege-(Quecksilber) Contacte in Verwendung –
gleichgültig ob dieselben bloss einseitig ansprechen oder nicht. Mit diesem
Läutewerke auch noch eine ähnliche Einrichtung für die Avertirung des
Locomotivführers zu verbinden, wie im früher geschilderten Falle, unterläge
selbstverständlich keiner Schwierigkeit.
(Fortsetzung folgt.)