Titel: | Die Dampfmaschinen der Internationalen elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt a. M. 1891. |
Fundstelle: | Band 283, Jahrgang 1892, S. 285 |
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Die Dampfmaschinen der Internationalen
elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt a. M. 1891.
(Schluss des Berichtes S. 175 d. Bd.)Dem Freytag'schen Berichte fügen wir redactionsseitig
nachstehende Ergänzungen hinzu, die wir auf unser Ersuchen dem freundlichen
Entgegenkommen der Firma G. Kuhn
verdanken.
Mit Abbildungen.
Die Dampfmaschinen der Internationalen elektrotechnischen
Ausstellung zu Frankfurt a. M. 1891.
Die Firma G. Kuhn in Stuttgart-Berg ist, insbesondere
seitdem die sich stets steigernde Verwendung der elektrischen Kraftübertragung und
Beleuchtung rasch gehende Dampfmaschinen verlangt, mit Erfolg bemüht gewesen,
Dampfmaschinen zu liefern, welche bei möglichst grosser Leistungsfähigkeit
geräuschlos und gleichmässig laufen, sehr regulirfähig sind und wenig
Aufstellungsraum erfordern.
Textabbildung Bd. 283, S. 285Fig. 1.Dreifach Expansionsmaschine von Kuhn.Eine stehende Dreifach-Expansionsmaschine gekuppelt mit einer
Gleichstrommaschine J. 136 von Siemens und Halske in
Berlin mit Condensation von 400 bis 600 bei einer Eingangsspannung von 10
bis 12 at und einer Umdrehungszahl von 80 bis 120 in der Minute soll unter Hinweis
auf Fig. 1 bis 3
zunächst beschrieben werden.
Die Cylinder haben 500, 770 und 1200 mm Durchmesser bei 600 mm gemeinsamem Hub.
Der Hochdruckcylinder hat Doppelkolbenschiebersteuerung, welche ausserhalb der
Ständer liegt und durch einen mit einem Schiebegewichte versehenen Hartung-Regulator
direct beeinflusst ist. Das Schiebergewicht desselben ist durch eine mit Handrad
versehene Schraube verstellbar und ermöglicht während des Betriebes beliebige
Geschwindigkeitsänderungen der Maschine zwischen 80 bis 120 Umdrehungen in der
Minute.
Der Grundschieber ist durch zwei Stangen symmetrisch gefasst, deren Achsen in der
Mittelebene des Kolbens liegen
Textabbildung Bd. 283, S. 286
Dreifach-Expansionsmaschine von Kuhn.
und welche ausserhalb durch ein Querstück mit einander verbunden sind. Das
bewegende Excenter liegt senkrecht darunter. Der Expansionsschieber ist zweitheilig
und sind dessen beide Theile durch eine flachgängige Schraube von grosser Steigung
verstellbar. Das Excenter greift mittels Bajonnetführung die zwischen den beiden
Stangen des Grundschiebers central geführte Schieberstange an. Sämmtliche
Arbeitscylinder bestehen aus hartem, dichtem Gusseisen, sind in die Mäntel
eingesetzt und können mit Frischdampf geheizt werden. Die Dampfkolben haben
durchgehende Kolbenstangen. Die obere Wand derselben bildet eine abgestumpfte
Kegelfläche, die untere ist flach. Die Kolbenringe sind selbstspannend. Die
geschlossenen Kreuzköpfe bestehen aus Schmiedeeisen und enthalten zweitheilige
Rothgusslager, die durch ein Keilstück nachstellbar sind. Ihre Verbindung mit den
Kolbenstangen erfolgt je durch einen Keil, welcher die Stirnfläche des letzteren auf
dem Grunde des Kopfes festspannt. Die Geradführung ist eingeleisig und je an einer
Säule angegossen. Die eingeschliffenen Kreuzkopfzapfen haben in den gegabelten
Pleuelstangen zwei eingearbeitete Flächen, an welchen die Zapfen durch Keile in dem
Stangenkopfe festgehalten sind. Die unteren Stangenköpfe haben gusseiserne Lager,
welche mit Composition ausgefüttert sind. Die Köpfe sind an den schmalen Flächen
überdreht, ebenso sind auch die Deckel auf der Drehbank in einander gepasst und mit
starken, feingängigen Schrauben zusammengehalten.
Textabbildung Bd. 283, S. 287Fig. 3.Dreifach-Expansionsmaschine von Kuhn. Der Dampf strömt aus dem Hochdruckcylinder in einem weiten Kanal um
denselben in den ersten Zwischenbehälter, aus welchem er in den mittels eines
entlasteten Schiebers gesteuerten Mitteldruckcylinder gelangt. Der Raum hinter dem
Entlastungskolben enthält Vacuum, indem derselbe durch ein Rohr mit dem Condensator
in Verbindung steht. Um den Mittelcylinder herum gelangt nun der Dampf durch den
zweiten Zwischenbehälter in den, auf dieselbe Weise wie jener gesteuerten
Niederdruckcylinder und kann nun mittels eines während des Ganges verstellbaren
Wechselventiles entweder ins Freie entweichen oder condensirt werden. – Die
Schieberkästen dieser Cylinder liegen innerhalb des Gestelles und haben oben Deckel,
durch welche die Schieber herausgenommen werden können. Hierdurch rücken die Säulen
aus einander und es erhält dadurch die Maschine Uebersichtlichkeit und leichte
Zugänglichkeit aller ihrer Theile. Oberhalb und unterhalb befinden sich an jedem
Cylinder direct belastete Sicherheitsventile, welche etwa angesammeltem
Condenswasser einen Ausweg bieten. Die Condensationspumpe (Fig. 4) ist von grösster
Einfachheit. Beim Niedergange des Kolbens treten Luft und Wasser durch in der Wand
des Cylinders befindliche Schlitze in diesen ein. Das Wasser sammelt sich in dem
hohlen Kolben und wird mit Ausnahme der geringen Menge, welche wieder zurückfliesst,
beim Aufgange des Kolbens zusammen mit der Luft gefördert. Die Vorzüge dieser
Anordnung sind: selbsthätiges Zufliessen des Wassers und Fortfall der Saugklappen.
Die allein vorhandenen Druckventile sind leicht zugänglich. Stopfbüchsen und Liderungen sind
durchaus vermieden, und die Geradführung ist in den Deckel verlegt. Der Antrieb
derselben erfolgt vom Kreuzkopfzapfen des Mittelcylinders mittels zweier Zugstangen
und Balanciers. Das andere Ende der beiden Balanciers ist durch eine Traverse
verbunden, in deren Mitte die Zugstange des Pumpenkolbens angreift. Die dreifach
gekröpfte Kurbelwelle ist aus Krupp'schem Gusstahle
hergestellt und trägt auf der einen Seite die Dynamomaschine, auf der anderen das
Schwungrad.
Die Welle ruht fünffach gelagert in einer an einem Stücke gegossenen Grundplatte,
welche, innerhalb mit tiefer Aushöhlung versehen, ein grosses Oelreservoir bildet
und ausserhalb zur Auflagerung für sechs kräftige Säulen dient, welche die Cylinder
mit dem Grundrahmen zu einem starren System verbinden. Ausserdem sind die
Wellenenden ausserhalb nochmals unterstützt. Sämmtliche fünf Lager der Grundplatte
sind gemeinsam ausgebohrt, wodurch die denkbar genaueste Ausführung gesichert
ist.
Textabbildung Bd. 283, S. 288Fig. 5.Verbundmaschine von G. Kuhn. Die Wellenlager, sowie die Excenterbügel sind mit Weissmetall
gefüttert.
Auf der Welle sind ausserhalb der beiden Endlager Schleuderringe, an den
Stirnflächen der Lager Fangrinnen angebracht; die Oelzufuhr erfolgt an den
Kurbellagern durch Oelrinnen, an den übrigen Lagern, Zapfen und Gleitflächen von
Centralschmierapparaten in übersichtlicher Weise. Das abfliessende Oel wird wieder
aufgefangen.
Der Aufbau der Maschine zeigt einfache, kräftige Abmessungen, die einzelnen Theile
zweckmässige, gefällige Formen, das Ganze ist sorgfältig durchgebildet, auch ist die
Ausführung in der mit den besten Werkzeugmaschinen ausgestatteten Werkstätte
vorzüglich zu nennen. Bei dem 5 monatlichen Betriebe in der Ausstellung hat sich die
Maschine durch ausserordentlich ruhigen, gleich massigen Gang vortheilhaft
ausgezeichnet, und selbst bei den Versuchen, welche die Prüfungscommission mit der
Dynamomaschine vornahm, wobei die erstere mit etwa 670 effect. stundenlang
belastet war, lief die Maschine noch immer geräuschlos und ohne dass sich die Lager
oder sonstige Gleitflächen aussergewöhnlich erwärmt hätten. Nie gab dieselbe Anlass
zu einer Betriebsstörung.
Ausser dieser Dampfmaschine war noch eine zweite stehende
Verbundmaschine (Fig. 5 bis 7) gekuppelt mit einer
Gleichstrommaschine von L.
Schuckert und Co., Kommanditgesellschaft, Nürnberg, ausgestellt. Diese
Dampfmaschine ist für eine Eingangsspannung von 8 at bei 160
Umdrehungen in der Minute gebaut und leistet mit Condensation 250 bis 300
normal. Die Cylinder haben 465 und 685 mm Durchmesser und einen gemeinsamen Hub von
450 mm. Beide sind mit Doppelkolbenschiebersteuerung versehen, welche am kleinen
Cylinder vom Regulator beeinflusst ist, während dieselbe am grossen Cylinder von
Hand eingestellt werden kann.
Die doppelt gekröpfte Welle, welche an einem Ende fliegend das Schwungrad trägt und
auf der anderen Seite mit der Dynamomaschine gekuppelt ist, ruht vierfach gelagert
in der gleichfalls aus einem Stücke gegossenen Grundplatte. Vier kräftige
gusseiserne Säulen verbinden letztere mit den beiden Cylindern zu einem starren
System. Alle übrigen Theile sind in ähnlicher Weise wie die der Dreicylindermaschine
construirt und ohne weiteres aus den Zeichnungen verständlich. Aehnliche Maschinen
sind in den Centralen Elberfeld, Stettin, Darmstadt, Friedrichshafen, Ulm u.s.w.
seit Jahren in bestem Betrieb, wie auch diese Maschine über die Dauer der
Ausstellung stets anstandslos functionirte.
Es möge hier auch die Beschreibung der von G. Kuhn
ausgestellten Kesselanlage nachgeholt werden, womit wir zugleich den 1891 282 1 veröffentlichten Bericht über die Dampfkessel der
Frankfurter Ausstellung ergänzen.
Die Anordnung des Kessels ist im Allgemeinen die 1891 279
* 2 beschriebene, nur sind im vorliegenden Falle, wie Fig.
8 zeigt, im Flammrohre keine Gallowayröhren verwendet, da der engere Theil
des Flammrohres aus Fox'schen gewellten Blechschüssen
besteht.
Textabbildung Bd. 283, S. 289Fig. 8.Kesselanlage von G. Kuhn. Der Mantel und das Feuerrohr eines Einflammrohrkessels sind auch hier in
ihrem vorderen Theile erweitert, so dass das letztere als Feuerbüchse einen
geneigten Rost und ein Querrohr als Flammenwender aufnehmen kann.
Der Kessel ist für 7 at Arbeitsdruck gebaut, die Heizfläche beträgt 83 qm. Man hat
bei diesem Kesselsystem eine vollkommene Innenfeuerung mit Rückbrennung. Die heissen
Feuergase treten hinter dem Querrohre in das aus Wellblech hergestellte Flammrohr,
sie berühren auf einem langen Wege nur directe Heizflächen und verlassen selbst bei
stärkstem Betriebe und bei Anwendung bester Steinkohlen das Feuerrohr erst, nachdem
sie von der in der Feuerbüchse erzeugten Wärmemenge mehr als ⅔ an den Wasserinhalt
des Kessels abgegeben haben. Da ausserdem die Feuergase von hier aus noch die
wasserberührte Fläche des Aussenmantels auf ihrem Wege nach vorn und den
Dampfraum nach hinten bestreichen, so wird bei normalem Betriebe bei einer Leistung
von 18 bis 20 k Dampf in der Stunde und 1 qm Heizfläche die Temperatur der Heizgase
vor dem Eintritte in den Fuchs bis auf diejenige der Dampfwärme im Kessel, also auf
160 bis 170° ausgenützt.
Da die Beschickung des geneigten Rostes stetig durch einen Einfülltrichter erfolgt,
so findet fortwährend eine directe Strömung der heissesten Feuergase gegen die, aus
dem gleichmässig niedersinkenden Brennmaterial sich entwickelnden
Destillationsproducte statt. In Folge dessen werden auch die werthvollen Kohlenoxyd-
und Kohlenwasserstoffgase, welche bei Planrostfeuerungen zum Theil unverbrannt nach
dem Kamin entweichen, vollständig verbrannt und die Bildung von Rauch wird
vollkommen vermieden. Da die Verbrennungstemperatur sehr hoch ist, so findet auch
eine vortheilhafte Ausnützung des Brennmaterials statt, indem die Rückstände meist
grössere Schlacken bilden und nur wenige kleine Kohlen- und Koksabfälle übrig
bleiben.
Aus dieser Vereinigung der Vorzüge einer Halbgasfeuerung mit der einer vollständigen
Innenfeuerung ergibt sich eine vorzügliche Verdampfung. Der Dampf ist in Folge
grossen Dampf- und Wasserraumes stets trocken. Die Ausnützung des Brennmaterials
beträgt bis zu 84 Proc. des Heizwerthes der Kohle, was durch jahrelange Erfahrungen
im Betriebe und zahlreiche Verdampfungsversuche bestätigt wird (vgl. 1891 279 * 2).
Die Regulirung der Dampfmenge lässt sich vollständig, theils durch den Rauchschieber,
theils dadurch erzielen, dass man die Schlacken von unten herauf anwachsen lässt,
wodurch die Rostfläche beliebig verkleinert werden kann. Weil in dem Kesselinneren
die Hauptwärmeabgabe stattfindet, so wird das Kesselgemäuer ausserordentlich wenig
geheizt, es eignet sich daher dieses Kesselsystem auch gut für wechselnden Betrieb,
indem die Verdampfung bei schwächstem und stärkstem Betriebe nahezu dieselben
Ergebnisse wie bei normalem Betriebe aufweist.
In Folge der geneigten Lage des Rostes gleitet aus dem Einfülltrichter fortwährend so
viel Brennmaterial auf ersteren herab, als Kohle verbrannt und Rückstände unten
herausgezogen werden. Es bleibt deshalb der Rost lückenlos bedeckt, so dass keine
kalte Luft einströmen kann. Durch diese gleichmässige innere Heizung wird daher eine
vorzügliche Ausnützung der strahlenden Wärme erzielt, auch werden die Feuerplatten
viel weniger beansprucht, als wenn fortwährend durch Oeffnen von Feuerthüren
Abkühlung durch kalte Luftströme und Wiedererwärmung stattfinden würde. Der Rost
liegt auf seiner ganzen Fläche nach vorn frei, die Zufuhr von Luft ist in Folge
dessen ungehindert; die Roststäbe können sich daher auch fortwährend abkühlen,
wodurch deren Haltbarkeit die gleiche ist, wie bei einem guten Planroste.
Der Kessel hat weder ebene Flächen noch Verankerungen, sondern besteht nur aus
Cylinder-, Kegel- und Kugelflächen. Das Material entspricht den Normen des Verbandes
der deutschen KesselrevisionsvereineVgl. 1891 282 * 203. und ist der
Textabbildung Bd. 283, S. 290
Fig. 6.Verbundmaschine von G. Kuhn.
Mantel nebst Böden und Feuerbüchse von Fr. Krupp,
das Wellrohr von Schulz-Knaudt in Essen bezogen. Die
Kanten der Bleche sind innen und aussen gehobelt, die Böden und Borden abgedreht.
Sämmtliche Böden umgekrempt und direct an die Mantelbleche angenietet. Die
Feuerbüchse ist geschweisst und an den Bordflanschen mit Zwischenringen
zusammengenietet. Das in dieselbe eingebaute Querrohr ist nach beiden Seiten konisch
ausgeweitet, um einen raschen Abzug der Dampf blasen und ein lebhaftes Nachströmen
des Wassers zu erzielen; auch wird dadurch eine Ablagerung von Schlamm im Querrohre
verhindert. Das Querrohr ist von aussen durch eine seitliche Einsteigöffnung leicht
zu befahren und bietet, weil rund und durchaus geschweisst, dem Feuer keinerlei
Angriffspunkte. Das Querrohr ist mit Zwischenringen in die ausgebordete Feuerbüchse
eingebaut, so dass auch hier keine Nieten in den Feuerraum kommen. Die Vernietung
ist an den Längsnähten des Mantels und Rundnähten der Konusse doppelt, an den
übrigen Nähten einfach. Die Nieten bestehen aus bestem Schweisseisen. Sämmtliche
Stutzen sind an den äusseren Flanschen gedreht oder gehobelt und mit Stemmblechen an
den Kessel angenietet.
Textabbildung Bd. 283, S. 291Fig. 7.Verbundmaschine von G. Kuhn. Die vordere Stirnwand des Kesselgemäuers wird durch eine gusseiserne
Vorstellplatte mit gehobelten Thüren abgeschlossen. In derselben ist der
Einfülltrichter angebracht. Die in Scharnieren bewegliche Aufschüttplatte derselben
kann zugeklappt werden und schliesst dann den Einfülltrichter luftdicht ab.
Zum Reinigen der Feuerzüge befinden sich mehrere Oeffnungen im Mauerwerke, welche
nach aussen durch Putzkapseln, nach innen bündig mit dem Mauerwerke durch
vorgestellte Backsteine abgeschlossen werden. Die Gemäuerverankerung ist aus
schmiedeeisernen U-Schienen und Zugschrauben hergestellt.
Die Rauchgase mündeten in einen für diesen Zweck eigens aufgestellten
Blechschornstein von 750 mm lichter Weite, welcher mit dem steinernen Sockel
zusammen 30 m Höhe hatte und dessen rauchfreie Mündung einen bemerkenswerthen
Gegensatz zu den meist dichte Rauchwolken ausstossenden gemauerten Schornsteinen der
übrigen Dampfkessel bildete.