Titel: | Zuschrift an die Redaktion. |
Autor: | Hans Hermann |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 306 |
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Zuschrift an die Redaktion.
(Ohne Verantwortung der Redaktion.)
Zuschrift an die Redaktion.
Zu dem Bericht über die Frage des Radsturzes in Heft 13 S.
208.
Der Zweck des Radsturzes ist meines Erachtens, in Uebereinstimmung mit der Ansicht
vieler Praktiker hauptsächlich der, das Anlaufen der Radnabe an der äußeren Scheibe
„a“ wie es nach Abb. 1 eintreten würde, zu verhindern. Da in früherer Zeit eine genaue
Herstellung der Achsen und Radnaben nicht möglich war, mußte man den Achsstummel
stark verjüngen, außerdem war die äußere Scheibe „a“ meistens nur lose aufgesteckt, und nur durch einen mehr oder minder
gut gesicherten Splint gehalten. Es lag deshalb bei Achsen ohne Sturz die Gefahr des
Abgleitens der Räder nahe, während bei Achsen mit Sturz nach Abb. 2 die Räder an der inneren festen Stoßscheibe b anlaufen. Bei den neuzeitigen Achsen, welche sehr
wenig Verjüngung haben, und deren Radnaben durch festsitzende Rechts- und
Linksmuttern mit guter Sicherung gehalten werden, ist der Sturz nicht mehr
notwendig. Bei Militärfahrzeugen für Pferdezug zum Beispiel wird meines Wissens der
Sturz nur so groß gemacht, daß die untere Mantellinie des Achsstummels eben
wagerecht liegt, also das Rad weder nach der einen, noch nach der anderen Seite
anzulaufen sucht.
Textabbildung Bd. 331, S. 305
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 331, S. 305
Abb. 2.
In dem „Handbuch der Mechanik“ von Franz Joseph Ritter
van Gerstner 1833 finden sich Seite 587 folgende zwei Gründe für den
Radsturz angegeben:
1. „Damit die Wagenkästen aufwärts eine größere Weite erhalten können als die
Geleisweite beträgt; sind nämlich die Speichen und das ganze Rad senkrecht
gestellt, so kann der Wagenkasten nicht weit (breit) gemacht werden, und nachdem
derselbe bei den Stadtwagen an Federn hängt, so würde er auch bei senkrechten
Speichen viel leichter an die Peripherie des Rades anschlagen, als es bei einem
konischen RadeKonische Räder =
Räder mit Sturz. der Fall ist.
2. „Ein anderer Grund, warum konische RäderKonische Räder = Räder mit Sturz. bei Stadtwagen
angeordnet werden, liegt darin, daß der Kot, der sich an sie anhängt, von dem
Rade auf die Straße herausgeworfen wird, während bei senkrechten Speichen
der Kot nach beiden Seiten gleich, folglich auch an den Wagenkasten geschleudert
wird.“
Der erste Grund dürfte für viele Fälle heute noch zutreffend sein, der zweite
erscheint schon sehr gesucht. Von mancher Seite wurde auch die Wölbung der Straße
als Grund für den Sturz angegeben, unter der Annahme, daß die Räder senkrecht zur
Straße stehen sollten. Diese Annahme würde aber einen kaum bemerkbaren Radsturz
ergeben.
Hans Hermann, Ing. (München).