Titel: | Polytechnische Schau. |
Fundstelle: | Band 340, Jahrgang 1925, S. 32 |
Download: | XML |
Polytechnische Schau.
Polytechnische Schau.
Fahrbarer Dampfdrehkran von 10000 kg Tragfähigkeit.
Seit Einführung der elektrischen Krane wurde der Dampfkran etwas in den Hintergrund
gedrängt und oft als unwirtschaftlidh bezeichnet. Trotzdem hat die Erfahrung
gelehrt, daß der fahrbare Dampfkran sein altes Arbeitsfeld zum großen Teil behalten
und noch neue Anwendungen gefunden hat. Sobald die Anlage eines elektrischen
Leitungsnetzes aus wirtschaftlichenoder betriebstechnischen Gründen nicht
möglich ist, besonders beim Bau von Wasserstraßen, Hafenanlagen, bei der Montage
großer Eisenkonstruktionen oder dergleichen wird der Dampfkran benutzt.
Textabbildung Bd. 340, S. 32
In der Dampfmaschine mit dem Kessel führt er seine Kraftquelle
stets mit sich, ist daher frei beweglich, unabhängig von elektrischen Leitungen und
kann gleichzeitig als Verschiebelokomotive benutzt werden.
Ueber normale Dampfkrane ist in letzter Zeit im technischen Schriftum viel
berichtet worden, und einige Werke haben sich auf die Massenanfertigung dieses
normalisierten Dampfkranes eingestellt. Neu dagegen ist die Entwicklung des
Dampfkranes, der bisher höchstens 6 t Tragkraft besaß, zu der in der Abbildung
dargestellten Ausführung von 10 t Tragkraft bei 5,5 m Ausladung und 13,2 m
Rollenhöhe. Die verstellbare Ausladung ermöglicht noch bei 12 m eine Tragfähigkeit
von 3500 kg. Für den Antrieb dient eine umsteuerbare Zwillingsmaschine, die mittels
zweier Stirnräder auf eine Vorlegewelle arbeitet, von der alle Bewegungen zum Heben,
Drehen und Fahren ausgehen. Die Hubtrommel wird von dieser Welle aus durch ein
Stirnradvorgelege angetrieben, dessen Ritzel beim Senken der Last durch einen
Handhebel ausgerückt wird. Während Lasten bis zu 3000 kg Gewicht unmittelbar an
einem Seilstrang mit 20 m Geschwindigkeit/min, gehoben werden, hängt man für schwere
Lasten bis zu 6000 kg eine zweisträngige Unterflasche ein.
Durch eine kräftige Bandbremse, die vom Kranführer durch einen Fußtritt gelüftet
werden kann, läßt sich die Last in jeder Höhenlage sicher festhalten. Bei Verwendung
von Selbstgreifern wird mit 3 Zahnrädern die Drehbewegung auf die vor der Hubtrommel
gelagerte Greifertrommel (Entleerungstrommel) übertragen.
Das Einzelwerk arbeitet durch ein selbstsperrendes Schneckengetriebe unmittelbar auf
eine hintere, kleinere Trommel, welche das den Ausleger haltende Einziehseil
aufnimmt. Der Fahrantrieb überträgt die Bewegung durch Kegelräder gleichmäßig auf
alle Laufräder. Die zum Einziehen des Auslegers und zum Fahren des Kranes dienenden
Triebwerke stehen durch eine gemeinsame Kupplung mit der Vorlegewelle in Verbindung.
Das Drehwerk wird durch ein Kegelräder-Wendegetriebe und ein Vorgelege von einem
Ritzel aus in Bewegung gesetzt.
Der neue Dampfkran von 10000 kg Tragkraft kann mit Greifern von 1,75 cbm Inhalt
stündlich etwa 30 bis 35 t Kohle, Erz, Schlacke, Sand, Rüben oder dergl. verladen.
Die Zugkraft des Kranes bei Rangierbetrieb beträgt 4 beladene 20-t-Wagen, 6
15-t-Wagen, 7 10-t-Wagen oder 12-13 leere Wagen. Einzelheiten dieses von der Demag,
Duisburg, gebauten Dampfkranes sind in nachstehender Zahlentafel angegeben:
Dampfkessel 12 qm Heizfläche und 10 at Ueberdruck.
Tragkraft
to
10
9
8
7
6
5
4
3,5
Ausladung
m
5,5
6
6,5
7
8
9
10,5
12
Rollenhöhe
m
13,2
12,9
12,75
12,6
12
11,2
9,9
8,5
Ueber die Arbeitsgeschwindigkeiten ist folgendes zu bemerken:
Lasten von 3500 kg werden mit 36 m min. gehoben, 7000 kg mit 18 m/min, und 10000 kg
mit 12 m/min., ohne Last mit 100 m/min. Eine ganze Drehung des Kranes mit
angehängter Last dauert nur 40 Sekunden. Um den Ausleger aus der tiefsten Stellung
für etwa 14 m Lastarm unmittelbar in die höchste für Vollast zu bringen – eine
Arbeit, die nur selten vorkommt – sind nur 2 Minuten erforderlich.
Die Leipziger Technische Messe als „Lehrmesse“.
Es ist schon des öfteren Gelegenheit genommen worden, auf die Vielgestaltigkeit der
Technischen Messe zu Leipzig, auf ihre Bedeutung aufmerksam zu machen. Für den
Einkäufer wie Aussteller des In- und Auslandes ist es ja von außerordentlichem
Vorteile, einen Messeplatz auch für die Technik zu besitzen, der ihm die Möglichkeit
bietet, an einem Ort, in kürzester Zeit, bei größter Bequemlichkeit und bei
geringsten Kosten seinen Geschäften nachzugehen und seine Interessenzu
verfolgen. Der Wert der Technischen Messe als Verkaufsmesse ist unbestreitbar.
Auf eins ist bisher aber noch nicht genügend hingewiesen worden, nämlich auf die hohe
Bedeutung gerade der Technischen Messe als Unterrichtsund Lehrmesse. Eine
Veranstaltung, die eigentlich alle Gebiete neuesten technischen Wissens und Könnens
umfaßt, ist doch geradezu dazu berufen, all denen eine Lehrmeisterin zu sein, die
ihr Wissen, ihre Erfahrung bereichern und mit der Zeit fortschreiten wollen; denn
Stillstand ist doch bekanntlich Rückschritt! von vielen ist das auch schon längst
erkannt worden, Theoretiker wie Praktiker haben die Messe gern aufgesucht, um aus
ihr zu lernen.
Schon die vergangene Messeveranstaltung zeigte bereits erfreuliche Fortschritte in
dieser Hinsicht. Schulen mit ihren Lehrern, Professoren mit ihren Studenten waren
vertreten, auch Vereine unter Führung fachkundiger Herren, um die sie
interessierenden Gebiete näher kennenzulernen. Ganz besonders wünschenswert ist es
ja überhaupt, daß gerade unsere studierende technische Jugend, unsere Zukunft, in
das technische Leben in all seiner Vielgestaltigkeit eindringt. Aber auch der
Lehrer, der Wissenschaftler, wird dem Dargebotenen manche Anregung entnehmen können,
zumal wenn er beruflich weniger Gelegenheit findet, einen Blick in die Praxis zu
tun. Selbst der Beamte, der sich mit technischwirtschaftlichen Aufgaben des Staates
zu befassen hat, wird Befriedigung finden können, besonders auf Gebieten, die
vielleicht am grünen Tische ein ganz anderes Aussehen haben. – Daß der Fachmann die
Messe aufsucht, schon um auf dem Laufenden zu bleiben und sich orientieren zu
können, ist ja eigentlich selbstverständlich. Gerade er, dem die Technik keine
Geheimnisse bietet, kann ja den größten Vorteil aus den gewonnenen Erfahrungen
ziehen. Und doch steht auch hier noch mancher abseits. – Die zahlreichsten und
eifrigsten Besucher der Technischen Messe sind zweifellos die Vertreter der
einzelnen Industriezweige, die Unternehmer, die Fabrikherren; sie wollen nicht nur
ihre Erzeugnisse ausstellen oder Einkäufe vornehmen, sie wollen sich eben auch
vergewissern, was Neues auf den Markt gebracht wurde, welche modernsten
Einrichtungen und Methoden bestehen usw., die einen Betrieb besser und rentabler
machen können. Der Unternehmer wird also eine Messeveranstaltung von besonderer
Warte betrachten, um die neuerdings gewonnene Kenntnis angemessen zu verwerten.
Genügt das für einen Betrieb, ein Unternehmen Nein, ganz gewiß nicht. Und darum soll
hier noch ganz besonders darauf aufmerksam gemacht werden, daß es von höchster
Wichtigkeit ist, auch den Betriebsleuten, den verantwortlichen Leitern, aber auch
den Werkmeistern, Meistern und den Facharbeitern Gelegenheit zu geben, die Messe zu
besuchen. Die entstehenden Unkosten werden sich ganz gewiß bezahlt machen.
Theoretische Vorträge sind sicher sehr wertvoll, sie geben aber gerade dem Praktiker
bei weitem nicht das, was die lebendige Anschauung bietet. Hier kann er sehen,
urteilen und lernen. Auch die Freude an der Arbeit können dem Arbeiter, der
Arbeiterin beigebracht werden, wenn sie die Möglichkeit haben, sich zu überzeugen,
wie wichtig die genaueste gewissenhafte Teilarbeit für das Ganze ist. Zweifellos
wird auch das Verantwortungsgefühl gestärkt und das Bestreben gefördert,
Qualitätsarbeit zu leisten. Einzelne Unternehmen haben den großen Vorteil der
Mitnahme ihrer Mitarbeiter bis zum Handarbeiter zur Leipziger Technischen Messe
schon seit Jahren erkannt, und der Erfolg ist nicht ausgeblieben.
So gewinnt nicht nur der Arbeiter, sondern auch das Unternehmen und vor allem
aber – und das ist wohl nicht das Unwichtigste – ganz allgemein unser gesamtes
Wirtschaftsleben.
Möchten alle Kreise mit allen verfügbaren Kräften dazu beitragen, in dieser
Weise am weiteren Wiederaufbau unserer so arg geschädigten Wirtschaft
mitzuwirken.