Titel: | Kleinere Mitteilungen. |
Fundstelle: | Band 317, Jahrgang 1902, Miszellen, S. 82 |
Download: | XML |
Kleinere Mitteilungen.
Kleinere Mitteilungen.
Der Mensch als kalorische Maschine.
In der Physikalisghen Zeitschrift, 3. Jahrgang, Nr. 6,
S. 107, veröffentlichte K. Schreber die nachstehenden
interessanten Ausführungen.
Durch physiologische Beobachtungen ist Robert Mayer, wie
er selbst berichtet, auf die Entdeckung des Satzes von der Erhaltung der Energie
geführt worden. Es ist deshalb selbstverständlich, dass man das Verhältnis der
aufgenommenen Nahrung zur Arbeitsfähigkeit des Menschen und der Tiere seitdem stets
unter dem Gesichtspunkt dieses Satzes betrachtet hat. Weder Mensch noch Tier kann
mehr leisten, als dem in Arbeitseinheiten ausgedrückten Heizwerte der aufgenommenen
Nahrung entspricht.
Man kann aber diese Beziehung zwischen Arbeit und Nahrung noch mehr dem bei
kalorischen Maschinen geübten Verfahren anzupassen suchen und fragen, wie gross ist
der Wirkungsgrad des Menschen, wenn er als Maschine betrachtet wird; d.h. wie gross
ist das Verhältnis der vom Menschen geleisteten Arbeit zum Heizwert der
aufgenommenen Nahrung.
Da die Innentemperatur des gesunden Menschen 37° beträgt und man als niedrigste
Temperatur des im Menschen stattfindenden Wärmeüberganges in erster Annäherung die
mittlere Lufttemperatur, also 17°, setzen darf, so dürfte nach den Gesetzen der
Thermodynamik der höchste Wirkungsgrad des Menschen nur
\frac{37-17}{37+273}\,\cdot\,100=6,5 %
betragen; d.h. der Mensch könnte höchstens 6,5 % der
aufgenommenen Nahrung in Arbeit verwandeln.
Aus der Zusammenstellung von Angaben über die aufgenommene Nahrung und über die
geleistete Arbeit, welche RühlmannRühlmann, Allg. Maschinenlehre I, 1875, S.
271. gibt, erhält man für den Wirkungsgrad im Mittel 26
%, also eine vielmal grössere Zahl, als sie die Wärmetheorie zulässt.
Nun sind aber einerseits die Beobachtungen der Arbeitsmenge, welche von einem
Menschen geleistet werden kann, ebenso schwierig, wie auf der anderen Seite die
Beobachtungen der zur Erhaltung des arbeitenden Menschen nötigen Nahrung. Der Grund
hierfür liegt einmal darin, dass der Mensch auf kurze Augenblicke seine Leistung
ganz ungeheuer steigern kann. Während innerhalb der täglichen Arbeitszeit die
normale Leistung weniger als 0,1 PS beträgt, hat v.
Bach bei Menschen an Feuerspritzen Leistungen von 0,5 PS beobachtet und
soll in Momenten der Lebensgefahr die Leistung bis weit über 1 PS gesteigert werden
können. Dann ist aber auch die Schwierigkeit der Beobachtung darin begründet, dass
die Aenderung der Arbeitsmenge nicht sofort eine Aenderung der Nahrungsmenge
bedingt. So hat Voit an einem Arbeiter beobachtet, dass
an zwei aufeinander folgenden Tagen, von denen der eine der Ruhe, der andere der
Arbeit gewidmet war, die Nahrungsaufnahme genau die gleiche war.
Man müsste also, um trotzdem sichere Resultate zu erzielen, die Versuchsdauer so
lang wählen, wie die Periode beträgt, innerhalb welcher der menschliche Körper durch
die aufgenommene Nahrung vollständig erneuert ist, also ungefähr 100 Tage.
Obgleich nun derartig ausführliche Versuche noch nicht angestellt sind, so liegen
doch seit der Zusammenstellung von Rühlmann
Beobachtungen sowohl auf dem technischen wie auf dem physiologischen Gebiete vor,
welche es angezeigt erscheinen lassen, den Wirkungsgrad des Menschen als kalorische
Maschine neu zu berechnen.
Ueber die tägliche Leistung eines Menschen hat v. Ržihav. Ržiha, Z. d. Vereins deutscher Ing., 1894
S. 742. Beobachtungen veröffentlicht, welche allgemein
als den Thatsachen entsprechend angesehen werden; danach beträgt die gesamte
tägliche Arbeit eines Menschen 127 × 103 mkg.
Ueber die Nahrungsaufnahme des Menschen während der 24 Stunden des Tages liegen von
einer ganzen Reihe von Physiologen Beobachtungen vor, aus denen GrasmannGrasmann, Physiologie des Menschen, 1900 S.
52. unter sachgemässer Berücksichtigung der an Tieren
gewonnenen Resultate das Mittel zieht. Es ergibt sich der Heizwert der aufgenommenen
Nahrung, bezogen auf 100 kg Lebendgewicht des Menschen im Mittel bei Ruhe zu 3400
Kal., bei massiger Arbeit 5400 und bei angestrengter Arbeit 7600. Die unverdaut
abgehende Nahrung ist hierbei schon in Abzug gebracht.
Setzen wir mit Grasmann das Gewicht eines Menschen
gleich 60 kg und vergleichen die daraus sich ergebende Zahl des Heizwertes der
Nahrung 4560 Kal. mit den von Ržiha gegebenem
Mittelwert der Tagesleistung des Menschen, so erhalten wir
\frac{127\,\cdot\,10^3}{4560\,\cdot\,428}\,\cdot\,100=6,5 %,
also genau denselben Wert, wie ihn der Carnot'sche Prozess zwischen 37° und 17° ergibt.
Es erscheint also hiernach der Mensch als eine vollkommene kalorische Maschine.
Leider sind nun gegen diese Rechnung einige Einwürfe zu machen, von denen gerade der
wichtigste dieses günstige Ergebnis nach der unwillkommenen Richtung hin
abändert.
Zunächst muss man wohl zugeben, dass das Gewicht eines Arbeiters mit 60 kg etwas
niedrig angesetzt ist; man wird der Wirklichkeit näher kommen, wenn man das Gewicht
auf 70 kg schätzt. Dadurch wird, da in der Tabelle von Grasmann die Nahrungsaufnahme auf 100 kg Lebendgewicht bezogen ist, der
Nenner des Wirkungsgrades 5320 Kal., und wir erhalten 5,6 %, also, wie bei allen
Wärmekraftmaschinen, etwas kleiner als das theoretische
Maximum.
Dann unterscheidet Grasmann zwischen Ruhe, massiger
Arbeit und angestrengter Arbeit, während 127 . 103
mkg von Ržiha als mittlere Arbeitsmenge angegeben wird.
Vergleichen wir die von Grasmann für angestrengte
Arbeit gegebene Zahl mit dem Mittel der drei grössten Tagesleistungen nach Ržiha, 141 . 103 mkg,
so bekommen wir 6,2 %. Auch diese Zahl entspricht noch der Forderung der Theorie,
dass alle vom Carnot'schen abweichenden Prozesse einen
kleineren Wirkungsgrad haben müssen als dieser.
Aber der wichtigste und einflussreichste Einwand kann wohl gegen die für den Carnot'schen Prozess angenommenen Temperaturen erhoben
werden, deren Feststellung, wie bei vielen kalorischen Maschinen, auch hier die
grössten Schwierigkeiten bereitet.
Ich habe als höchste Temperatur des Prozesses die Innentemperatur des Menschen
angenommen; man kann aber auch, und vielleicht mit grösserem Recht, die
Bluttemperatur 39° als solche ansehen. Der durch diese Abänderung bedingte
Unterschied ist gering, weil sich dadurch Zähler und Nenner des Wirkungsgrades, wenn
auch in verschiedenem Masse vergrössern.
Wichtiger ist die Feststellung der unteren Temperaturen, die aber gerade die grossen
Schwierigkeiten bereitet. Da die Kleidung die Wärmeabgabe an die Luft erschwert,
entsprechend der Beobachtung, dass der Mensch im Zustande der Ruhe weniger Nahrung
aufzunehmen nötig hat, als das ruhende Tier, beidemal bezogen auf dasselbe
Lebendgewicht, so findet durch die Kleidung hindurch ein Temperaturgefälle statt,
welches man bei der Feststellung der Arbeitsfähigkeit der dem Menschen zugeführten
Wärme nicht in Rechnung setzen darf. Man wird deshalb als untere Temperatur des
Prozesses die Hauttemperatur ansetzen müssen. Diese schwankt an den verschiedenen
bekleideten Stellen des Körpers zwischen 32,3° und 85,8° und beträgt im Gesicht
81°.
Nehmen wir, weil von den unbekleideten Körperteilen, eben weil sie unbekleidet sind,
mehr Wärme ausstrahlt und abgeleitet wird als von den bekleideten, die letzte Zahl
als massgebend, so erhalten wir für den Wirkungsgrad des Carnot'schen Prozesses nur 2,6 %. Im Vergleich mit dieser Zahl sind auch
die aus den Zusammenstellungen von Ržiha und Grasmann erhaltenen Werte 5,6 % bezw. 6,2 % wiederum zu
gross.
Und noch schlimmer wird der Unterschied zwischen Theorie und Erfahrung, wenn man
versuchen wollte, diejenige Arbeit mit in die Rechnung einzusetzen, welche von den,
dem Willen nicht unterworfenen Muskeln geleistet wird. Da aber diese Arbeiten
kleiner sind, als die Abweichungen der von Ržiha
gegebenen täglichen Leistungen voneinander – beträgt doch die Arbeit des Herzens,
des kräftigsten der vom Willen unabhängigen Muskeln, während eines Tages nur 3 .
103 mkg –, so hat es noch keinen Zweck, jetzt
schon die Rechnung damit zu erschweren.
Würde man nun die Angaben von Ržiha und Grasmann für richtig und miteinander vereinbar ansehen,
so dürfte man den Menschen nicht als Wärmekraftmaschine bezeichnen, d.h. die Gesetze
der Thermodynamik wären für den Menschen und somit überhaupt für lebende Wesen nicht
gültig.
Wenn man sich aber der oben angeführten Schwierigkeiten der Beobachtung erinnert und
gleichzeitig bedenkt, dass sich durch die vorliegende Neuberechnung des
Wirkungsgrades der Unterschied zwischen Theorie und Erfahrung im Vergleich mit dem
oben angefühlten Rühlmann'schen Werte ganz bedeutend
verringert hat, so wird man zu dem Schlusse geführt, dass durch weitere
Beobachtungen auch die jetzt noch vorhandene Differenz beseitigt werden dürfte.
Bei der Anstellung neuer Versuche und Beobachtungen wird man wesentlich beachten
müssen, dass der Mensch nicht als einfache kalorische Maschine angesehen werden
darf, auf welche der zweite Hauptsatz ohne weiteres angewendet werden kann. Vielmehr
wird man den Menschen mit einem Elektrizitätswerk vergleichen können, welches eine
grosse Akkumulatorenanlage besitzt.
Dem zweiten Hauptsatz unterworfen ist nur die die Anlage treibende Dampfmaschine.
Würde man den Wirkungsgrad derselben bestimmen wollen durch Vergleich der durch den
Schornstein abziehenden Kohlensäure, welche als Mass der verbrannten Kohlenmenge
dienen kann, mit der in derselben Zeit nach aussen abgegebenen elektrischen Energie
zur Zeit der vollsten Belastung des Werkes, wenn also die Akkumulatoren auch voll in
Anspruch genommen sind, so würde man sicherlich zu einem viel zu grossen
Wirkungsgrad gelangen, während zu anderen Zeiten, wo alle von der Dampfdynamo
gelieferte Energie zum Laden der Akkumulatorenverwendet wird, der Wirkungsgrad der
Maschine scheinbar Null wird.
Zu einem Wirkungsgrad, welcher mit dem aus dem zweiten Hauptsatz folgenden verglichen
werden darf, gelangt man nur, wenn man dafür sorgt, dass der Zustand des Werkes,
also namentlich der Energiegehalt der Akkumulatoren am Anfang und Ende der
Beobachtung derselbe ist. Während aber beim Elektrizitätswerk die Konstatierung
dieses Zustandes verhältnismässig leicht ist, ist diese Feststellung beim Menschen
mit grossen Schwierigkeiten verknüpft, und die Versuche müssen nicht nur auf eine
hinreichende Zeit ausgedehnt werden, sondern es muss auch stets der Körperzustand
des Menschen einer genauen Kontrolle unterworfen sein.
Erst wenn derartige genaue Beobachtungen vorliegen, wird man endgültig entscheiden
können, ob auch der Mensch den Gesetzen der Thermodynamik unterworfen ist, oder ob
diese Gesetze, entsprechend den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen, auf lebende
Wesen nicht angewendet werden dürfen.
Verluste und verlorene Nebenprodukte bei HochöfenAus einem Bericht auf dem Kongress des „Iron and Steel Institute“, Mai 1901..
Zu den Fortschritten des verflossenen 19. Jahrhunderts sind besonders zwei von nicht
zu unterschätzender Wichtigkeit, das ist die Verminderung der Verluste und die
Brauchbarmachung der Nebenprodukte von Hochöfen. Zieht man einen Vergleich zwischen
dem Anfang und dem Ende des 19. Jahrhunderts, so findet man einen bedeutenden und
wunderbaren Fortschritt in der Ersparnis bei der Herstellung einer Tonne Eisen oder
Stahl. Zu diesem befriedigenden Fortschritt haben unter anderen Umständen besonders
das Neilson'sche Warmblaseverfahren, die Erfindungen
von Bessemer und Siemens,
dies grosse Wachsen in den Dimensionen der Oefen und in der Leistungsfähigkeit der
Maschinen und nicht zum mindesten das bessere Verständnis der verschiedenen
Erscheinungen beim Schmelzen des Erzes und der davon abhängigen Behandlung
beigetragen. Ungeachtet dessen sind in der Eisen- und Stahlindustrie noch viele
Aufgaben zu lösen, welche die Verhütung von Verlusten und die Nutzbarmachung der
Ueberprodukte betreffen.
Die verlorene Hitze bei den Hochöfen. – Der Wärmeverlust
lässt sich auf zwei Ursachen zurückführen: die in dem geschmolzenen Roheisen und die
in der Schlacke enthaltene Wärme. Nach den durch Lowthian
Bell in dessen Werke „Grundsätze der Eisen- und Stahlfabrikation“
angegebenen Erfahrungen sind die Ergebnisse folgende: die in 100 t Roheisen
verlorene Wärme ist gleich 4,125 t Kohle, so dass in einem Ofen mit einer jährlichen
Produktion von 100000 t die verlorene Wärme 4125 t Kohle beträgt. Die jährliche
Produktion in dem Distrikt von Cleveland z.B. wird auf 2250000 t geschätzt; die
darin verlorene Wärme beträgt hiernach 92000 t Kohle. Wenn es möglich wäre, in
verschiedenen Fabrikationszweigen das in den Hochöfen erzeugte Eisen in seinem
flüssigen Zustande direkt zu benutzen, so wäre die Nutzbarmachung der verlorenen
Wärme leicht gelöst. Dies ist jedoch nicht ohne weiteres möglich und obwohl dies
teilweise geschieht, ist die Anzahl der von den 2250000 t gewonnenen Wärme nicht
bedeutend und die Wärme des ganzen überwiegenden Teiles derselben geht verloren.
Die an der Schlacke verlorene Wärme ist noch viel bedeutender als diejenige des
Gusses. Ein Ofen in Cleveland erzeugt 1500 kg Schlacke auf 1 t Guss oder 150 t
Schlacke auf 100 t Guss. Die darin enthaltene Wärme beträgt 10,3 t Kohle und in
einer Ofenanlage von 100000 t Guss gleicht die verlorene Wärme derjenigen von 10300
t Kohle. Da die Gesamtproduktion von Gusseisen in Cleveland ungefähr 1300000 t
beträgt, werden 1950000 t Schlacke erzeugt. Rechnet man hierzu 720000 t Schlacke von
anderen Erzen, so erhalten wir eine Gesamtsumme von 2670000 t in dem Distrikt
Cleveland jährlich produzierter Schlacke, was einem Wärmeverlust von jährlich 183340
t Kohle gleichkommt, und wenn man hierzu die in dem Guss verlorene Wärme
hinzurechnet, so erhält man einen Verlustbetrag von 276140 t. Rechnet man die Tonne
Kohlen zu 10 Schilling, so erhält man einen Verlust von 138070 Pfd. Sterl. ObwohlOhwohl es nun unmöglich ist, diese ganze Wärme wieder zu gewinnen und zu
verwerten, so kann dies dennoch hinsichtlich eines grossen Teiles derselben
geschehen; eine von Hütteningenieuren zu lösende Aufgabe.
Lowthian Bell versuchte die Schlacken wärme zur
Verdampfung von Salzwasser nutzbar zu machen, worauf er zwei Patente erhalten hat;
die Wärme kann jedoch zum Trocknen von feuchten Erzen in Hochöfen direkt benutzt
werden, da z.B. die Erze von Bilbao oft bis 10 % Feuchtigkeit enthalten. Nimmt man
bei der in Hochöfen verwendeten Mischung 8 % Feuchtigkeit an, so erhalten wir 152 kg
Wasser in 1900 kg zur Erzeugung 1 t Gusseisen erforderlichen Erzes; zur Verdampfung
dieser Wassermenge würden 20,35 kg Koks erforderlich sein oder 18,5 kg für Ofen und
Woche. Könnte man nun dieses Erz mittels der in der Schlacke verlorenen Wärme
trocknen, so wäre nicht nur der erforderliche Koks erspart, sondern der Gang des
Ofens wäre ein bedeutend leichterer. Sind die Erze feucht und klebrig, so kann eine
vollkommene Mischung der Erze nicht leicht stattfinden; dieselben ballen sich
zusammen und verursachen einen unregelmässigen Gang des Ofens. Ausserdem brennen die
mit Dampf versetzten Gase schlecht und es ist oft schwierig, den vollen Druck ohne
Zugabe von Kohle zu erhalten.
Dieser Wärmeverlust betrifft sämtliche Zweige der Eisen- und Stahlindustrie und das
oben Gesagte zeigt deutlich, dass in den Hochöfen allein ein reicher Fundort von
verlorener Wärme vorhanden ist, welcher seiner Ausbeutung entgegensieht.
Die Verwertung der verlorenen Nebenprodukte. – Die
hauptsächlichen Nebenprodukte der Hochöfen sind die Gase und Schlacke. Die ersteren
werden seit einer Reihe von Jahren zum Heizen von Regenerationskammern für die
Blaseluft und zur Erzeugung von Dampf für die Ventilatoren, Pumpen u.s.w. verwendet.
Angenommen, dass bei einer richtigen Ausbeutung die verlorenen Gase zur Versorgung
sämtlicher Arbeitsbedürfnisse
der Hochöfen ausreichen können, so müsste man annehmen, dass dieses
Nebenprodukt vollständig ausgenutzt wird. Die Lösung der Aufgabe der Verwendung
dieser Gase in den Motoren zur direkten Erzeugung der Triebkraft beschäftigt sowohl
hier wie anderswo die Hütteningenieure. Obwohl die Versuche in dieser Richtung im
Auslande in grösserem Massstabe als in England stattgefunden haben, z.B. bei J. Cockerill in Seraing, so war dennoch einer der
Vizepräsidenten des Iron and Steel Institute, J. Riley,
einer der ersten, welcher in praktischer, wenn auch beschränkter Weise das System
Thwaite zur Nutzbarmachung der Hochofengase in
Wishaw (Schottland) vor ungefähr 6 Jahren zur Anwendung brachte. In den letzten
beiden Jahren sind durch den Ingenieur Greiner zwei
Berichte über dieses System angefertigt und dem genannten Institut zugestellt
worden, welche durch die Erfolge des Gasmotors der Gesellschaft Cockerill auf der Pariser Weltausstellung die Anregung
zu weiteren Versuchen gaben.
In dem ersten Bericht zeigte Greiner einen Ueberschuss
von 2000 PS auf 100 t täglich erzeugten Gusses und verringerte diese Summe, um einer
Uebertreibung entgegenzutreten, auf 1000 PS. Bei den ersten Versuchen in Thornaby
betrug das bei drei Hochöfen erzeugte Gas in der Stunde 2628000 Kubikfuss (engl.)
oder 74000 cbm. Die Hälfte hiervon wurde in den Regenerationskammern und ungefähr
6770 cbm in den Kesseln verbraucht, wobei noch 30430 cbm zur Erzeugung von Gas für
die Blasemaschinen, Pumpen und Elevatoren übrig blieben. Nimmt man den Gasverbrauch
in der Stunde auf 3,7 cbm in einem Gasmotor an, so reichen diese 30430 cbm Gas für
8269 PS/Std. Da
zum Betrieb der Gebläsemaschinen, Pumpen u.s.w. der Hochöfen nur 1388 erforderlich
waren, so verblieb ein Ueberschuss von 6881 PS/Std. Bei einer Produktion von 350 t ergibt dies zu
Gunsten der Gasmotoren 1900 PS. Dieses Resultat nähert sich sehr den durch Greiner angegebenen Ziffern; nimmt man jedoch seine
beschränkte Schätzung von 1000 PS Ueberschuss an, so ist das in dem Distrikt von
Cleveland erreichte Resultat ein ganz hervorragendes. Die tägliche Produktion
beträgt dort 6100 t, was bei 1000 PS auf 100 t einen Ueberschuss von 61000 PS ergibt
oder dem Verbrauch von mehr als einer halben Million Tonnen Kohlen im Jahre
gleichkommt.
Die Verwendungen, welche diese Kraft finden kann, sind unzählbar, als Betrieb
der Maschinen in den Werkstätten, Betrieb der elektrischen äusseren Beleuchtung
u.s.w. Obwohl nun die Aufgabe der Verwendung von Hochofengasen noch nicht vollkommen
gelöst ist, so ist es doch sicher, dass die Art und Weise der Verwendung der
Nebenprodukte der Hochöfen in absehbarer Zeit zur Lösung kommen wird. Augenblicklich
können die Verluste bei den Hochöfen von Cleveland angenommen werden:
Pferdekräfte in den Gasen
61000
Verlorene Wärme im Guss und Schlacke gleich 276140 t
31500
–––––
Summa
92500
Die Kraft der Niagarafälle wird auf 7000000 PS geschätzt; die
von denselben erteilte Betriebskraft beträgt ungefähr 30000 PS; der Verlust bei den
genannten Hochöfen gleicht daher ungefähr einem Niagarafall im kleinen, was, wenn
man sich diese Kraft unter der Gestalt eines Wasserfalls vorstellen wollte, sofort
von dem enormen Kraftverlust überzeugen würde.
Ueberwachung elektrischer Anlagen.
In Berlin ist seit kurzem eine Prüfungs- und Ueberwachungsanstalt für elektrische
Anlagen nach Art der Dampfkesselrevision ins Leben gerufen worden, welche sich mit
der Prüfung und Ueberwachung elektrischer Anlagen auf Oekonomie, Betriebsund
Feuersicherheit nach den Vorschriften und Normalien des Verbandes deutscher Elektrotechniker und den Bestimmungen des Verbandes deutscher
Privatfeuerversicherungsgesellschaften, sowie nach etwaigen örtlichen oder
Landespolizeiverordnungen, mit Ausarbeitung von Projekten und
Rentabilitätsberechnungen, mit Begutachtung von Entwürfen und Kostenanschlägen für
elektrische Licht- und Kraftanlagen, sowie mit der Erteilung von Ratschlägen auf
elektrotechnischem und elektrochemischem (galvanotechnischem) Gebiete befasst.
Direktor der Anstalt ist Privatdozent Dr. Franz Peters.
Die Revisionen der Anstalt sind anerkannt von den Landesbrandkassen, einer grossen
Zahl von Polizeibehörden und der Vereinigung von
Privatfeuerversicherungsanstalten.
Bücherschau.
Schaltungsarten und Betriebsvorschriften elektrischer Licht- und Kraftanlagen. Zum Gebrauche für Maschinisten, Monteure und Besitzer elektrischer Anlagen, sowie für Studierende der Elektrotechnik, von
Alfred Kistner. Mit 81 in den Text gedruckten Figuren. Berlin 1901, Julius Springer, und München, R. Oldenbourg.
Der Mangel eines in kurzer leichtverständlicher Weise geschriebenen Werkes, welches
die gebräuchlichsten Schaltungsarten für Starkstromanlage mit Akkumulatorenbetrieb
behandelt und auch die praktische Betriebsführung derartiger Anlagen in den Kreis
der Betrachtungen einbezieht, waren für den Verfasser Veranlassung zur Herausgabe
dieses Werkes. Das Hauptaugenmerk wurde auf die Beschreibung einer sachgemässen
Behandlung und Bedienung der Schaltapparate gelegt, weil gerade in dieser Beziehung
die einschlägige Litteratur einen empfindlichen Mangel aufweist und erfahrungsgemäss
die sachgemässe Bedienung der Schalttafel den Maschinisten und Monteuren weit mehr
Schwierigkeiten bietet als die Behandlung der Maschinen oder Akkumulatoren selbst.
Da die meisten Einzelbetriebe, für deren Personale vorliegendes Buch in erster Linie
geschrieben ist, mit Zweileitersystem arbeiten, sind Schaltungsschema für
Dreileitersystem, wie auch selche für Städtezentralen nicht berücksichtigt, dagegen
die zur Darstellung gelangenden vier Grundschaltungsarten, ebenso wie alle in der
Praxis gebräuchlichen Schemata in eingehender Weise behandelt. Dem erklärenden Texte
jeder Schaltung ist eine genaue Betriebsvorschrift angefügt, die, die praktische
Betriebsführung der beschriebenen Anlage darstellend, einen sicheren Anhaltspunkt
für das soeben Erlernte gebend, in vielen Fällen auch ein willkommener Führer sein
wird.
Da die einzelnen Apparate und Apparatbestandteile ausführlich beschrieben und durch
klare instruktive Zeichnungen ergänzt werden, ferner die vorgeführten
Betriebsvorschriften dem Gegenstande vollkommen angepasst und zumeist der Praxis
entnommen sind, schafft dasselbe um so mehr einem bestehenden Bedürfnisse Abhilfe,
als die Erläuterungen in einer allgemein verständlichen Weise abgefasst, ein
leichtes Erfassen der behandelten Gegenstände ermöglichen.
Mit diesem Werke erscheint sohin einem wirklichen Bedürfnisse Rechnung getragen und
dürfte sohin auch der zu erwartende Erfolg nicht ausbleiben und dem Verfasser
hierdurch in einer nächsten Auflage Gelegenheit geboten sein, diese praktische
Anleitung auch auf weitere Gebiete auszudehnen.
A. P.
Berichtigung.
Auf S. 2 rechte Spalte muss es unter 1 a) Zeile 12 von unten statt:
We . fer = wa far
heissen we' . fer = wa far.
S. 3 rechts Zeile 20 von oben:
„absolute Austrittsgeschwindigkeit ca“ (statt ce),
ferner
„dieser Verlust \frac{{c_a}^2}{2\,g}“\left(\mbox{statt }\frac{{c_e}^2}{2\,g}\right).
S. 5 rechts Zeile 7 von oben: „dass das Maximum der Leistung mit dem Maximum (nicht Minimum) des Wirkungsgrades
zusammenfällt“.
S. 23 rechts Zeile 32 von oben:
„\frac{{c_n}^2}{2\,g} und \frac{{c_a}^2}{2\,g} Kurven“\left(\mbox{nicht }\frac{{c_e}^2}{2\,g}\right).
S. 42 links Zeile 17 von oben:
c_e=\frac{Q}{f_e};\ w'_e-c_e\,sin\,\alpha;\ w_a=\frac{w'_e}{a}.
In den Diagrammen Fig. 8 und 23 sind die Kurven für
(1+\varphi_1+\varphi_2)\,\frac{{c_e}^2}{2\,g} aufgetragen, nicht für (\varphi_1+\varphi_2)\,\frac{{c_e}^2}{2\,g}.
Charlottenburg, 22. Januar 1902.
E. Heidebroek.